Neue Ausgangsbeschränkungen wegen Coronavirus (UPDATE 26.03.)

Der Freistaat Sachsen hat nun wohl die strengste Ausgangsbeschränkung hinsichtlich des Corona-Virus erlassen, gültig ab Montag, den 23.03.2020 für 2 Wochen.

https://www.coronavirus.sachsen.de/download/AllgV-Corona-Ausgangsbeschraenkungen_22032020.pdf

Klar dürfen wir weiter Arbeiten gehen, und Einkaufen. Eigentlich waren sich Politiker und Wissenschaftler in Deutschland bisher einig, dass frische Luft schnappen, spazieren und sich draußen aufhalten grundsätzlich nicht verboten werden sollte. Und selbst das Bundesland Bayern, welches vorgeprescht ist, hatte ausdrücklich “ Sport und Bewegung an der frischen Luft, allerdings ausschließlich alleine oder mit Angehörigen des eigenen Hausstandes und ohne jede sonstige Gruppenbildung“ erlaubt.

Sachsen beschränkt genau diesen Paragraphen nun aber auf das „Umfeld des Wohnbereiches“. Damit hat sich die Politik selbst ein Ei gelegt, denn es dürfte nun massenhaft Nachfragen geben, wie das zu verstehen ist.

Mit googeln habe ich z.B. diese Definition gefunden:

Wohnumfeld, aktionsräumliche Einheit, die den zu Fuß zu durchquerenden Bereich umfasst, in dem sich die täglichen oder häufig wiederkehrenden Aktivitäten der zugehörigen Wohnbevölkerung außerhalb der Wohnung abspielen (Einkäufe, Schulwege, Lokalbesuche etc.).

https://www.spektrum.de/lexikon/geographie/wohnumfeld/9112

Damit dürften beispielsweise viele Dresdner, die mal etwas grünes sehen wollen, nur noch den Großen Garten besuchen? Das wäre ja eher kontraproduktiv. Es spricht doch eigentlich nichts dagegen, dass Leute im Nahpendelbereich in den Wald, ins Elbsandsteingebirge oder an einen See fahren um dort allein Sport zu treiben oder frische Luft genießen?

Die Leute sind schon sehr verunsichert, das hat man die letzten Tage gemerkt. Zumindest hier im ländlichen Bereich gehen viele Einheimische kaum noch vor die Tür. Dabei ist es beim besten Willen nicht gesund, tage- oder gar wochenlang in der eigenen Bude zu hocken.

Gleichzeitig kommen aus Tschechien Meldungen, die Grenze für ein halbes Jahr geschlossen halten zu wollen. Selbst Pessimisten haben Hoffnung, das in 2-3 Monaten der Virus überstanden sein könnte. Solche langfristigen Aussagen machen zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn. Wenn man sich aber anschaut, wer im Nachbarland Regierungsverantwortung trägt, muss man wohl davon ausgehen, dass die es ernst meinen. Und das ist für jemanden, der die Böhmische Schweiz, das Lausitzer Gebirge und Nordböhmen seine zweite Heimat nennt schmerzlich.

Allen Freunden und Lesern wünsche ich: Bleibt gesund, haltet euch mit vernünftigen Menschenverstand an die Regeln. Die Einschränkungen sind absolut extrem. Aber wenn wir vorsorglich schon die ganze Wirtschaft an die Wand fahren, dann soll es verdammt nochmal wenigstens auch etwas gebracht haben, in Bezug auf das ansteckende Virus.


UPDATE 26.03.2020:

Wie zu erwarten gab es ein hick-hack zur Definition „Wohnumfeld“. In Leipzig wurden wurden am Cospudener See Platzverweise ausgesprochen, da die örtliche Polizeibehörde das Wohnumfeld auf 5 Km eigenmächtig festgelegt hatte. Das wurde dann wieder zurückgenommen.

https://www.saechsische.de/uebereifrige-corona-kontrollen-5187848.html

Nachdem es nun scheinbar sehr viele Anfragen von Bürgern gab, folgende Klarstellung in den offiziellen Corona-FAQ:

Was wird unter Sport und Bewegung im Umfeld des Wohnbereichs verstanden?

„Hierfür gibt es keine klare Definition. Diese räumliche Beschränkung ist immer mit Blick auf das Ziel auszulegen, Infektionsketten durch die Minimierung von Ansteckungsmöglichkeiten zu unterbrechen. Wege sind, soweit irgend möglich, auf ein Minimum zu begrenzen und Kontaktmöglichkeiten soweit möglich einzuschränken.

Ausflüge in weiter entfernt gelegene Erholungsgebiete, wie z.B. von Dresden in die Sächsische Schweiz zum Wandern, sind deshalb gerade nicht gestattet.“

https://www.coronavirus.sachsen.de/haeufige-fragen-zu-den-ausgangsbeschraenkungen-und-einschraenkungen-des-oeffentlichen-lebens-5074.html

Ihr verordnet also Dresdner Familien, die eh schon tagelang in der Bude hocken, nun auch am Wochenende im Großen Garten oder der Dresdner Heide rumzugammeln? Das die Ansteckungsgefahr draußen geringer ist als drinnen, ist bekannt? Das man anfälliger für Atemwegserkrankungen ist, wenn man permanent trockener Heizungsluft ausgesetzt ist? Geschweige denn von der Drecks-Stadtluft? Alles klar. Und das in einem Ballungsgebiet in einem engen Radius dann sehr viele Leute herumspazieren? Macht Sinn. Und ganz nebenbei sprecht ihr den Leuten jede Form von Eigenverantwortung ab. Auf Arbeit können wir weiter gehen, wo man vielleicht täglich Kontakt zu zig Leuten hat.

Auf der Internetseite des Nationalparks nutzt man es gleich mal für so ein statement:

„Verschieben Sie Ihre Frühlingswanderung auf später und denken Sie an Ihre Gesundheit und an die Flora und Fauna der Sächsischen Schweiz – auch die Natur kann jetzt in der Brut- und Aufzuchtzeit etwas Ruhe gut gebrauchen. Vielen Dank!“

Ich hätte einen gut gemeinten Hinweis erwartet, dass man auf Aussichten oder Engstellen Rücksicht aufeinander nimmt und stark frequentierte Besuchermagneten meidet. Aber nein, stattdessen die indirekte Aussage: Wir sind froh, dass die Natur endlich mal eine Pause von euch unnotwendigen Touris bekommt.

Abschließend noch folgendes Zitat der Allgemeinverfügung:

„Es handelt sich vorliegend nicht um eine Freiheitsentziehung, sondern lediglich um eine Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit.“

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