Da die meisten Naturfreunde nicht das Privileg haben, im 15 Kilometer-Umkreis der Sächsischen Schweiz zu wohnen, bedeuten die erneuten Ausgangssperren einen schmerzlichen Verzicht auf das Gebirge. Nun sind die Tage auch so kurz für sportliche Unternehmungen im Wohnumfeld und manch einer hat um Weihnachten ausgerechnet auch etwas mehr Freizeit.
Damit ihr vor lauter Frust nicht 1000x Aschenbrödel schauen müsst, habe ich einen heißen Tipp:
Holt euch das Gebirge nach Hause!
Seit Herbst 2019 stellt der Freistaat Sachsen hochauflösende Geodaten frei zur Verfügung. Bis dato kosteten diese Datensätze noch Tausende von Euros und selbst für Geomatik-Studenten oder Wissenschaftler war es nicht einfach da heranzukommen. Im Rahmen von „OpenData“ wird nun sukzessive vieles frei verfügbar gemacht. Selbst 1-Meter Rasterdaten.
Nun kommt der Haken: Die Daten an sich nützen erst einmal herzlich wenig. Es handelt sich nur um Zahlen. Millionen Koordinaten, die mit einer Höhe versehen sind. Normalerweise müssten diese aufwendig gerechnet und mittels GIS-Software mit tausenden Einstellungen visualisiert werden. Dank findiger Softwareentwickler kann nun aber JEDER (selbst mit eingeschränkten PC-Kenntnissen) das extrem hochauflösende Geländemodell nutzen. Die Bedienung ist nicht schwer. Ich hatte nach 20 Minuten das erste brauchbare Ergebnis. Der Rest ist finetuning und Spielerei mit den Einstellungen, learning by doing. Achtung: Suchtpotential, die Zeit vergeht wie im Fluge…
Der heilige Gral nennt sich „planlauf/TERRAIN“. Hier die Anleitung:
- Download Software planlauf/TERRAIN (sind nur 7 MB, man glaubt es kaum)
https://planlaufterrain.com/
- Software installieren (30 Tage Testversion mit vollen Funktionsumfang!)
- Download Kacheldaten Digitales Höhenmodell DGM 1 für den Kartenausschnitt, welchen man benötigt
https://www.geodaten.sachsen.de/downloadbereich-dgm1-4166.html (in Karte zoomen und auf Kästchen klicken -> zip-Datei herunterladen
- Software planlauf/TERRAIN öffnen
- Open: Die heruntergeladenen Zip-Dateien öffnen und PC kurz rechnen lassen
- UTM-Zone ändern auf 33 (ggf. „show in Bing maps“ um den Kartenausschnit zu checken)
- Häkchen bei „Local Relief“ setzen und mit OK bestätigen (nicht zwingend, lässt aber später mehr Einstellungsmöglichkeiten)
- „Import Grid mesh“ klicken und PC rechnen lassen………
- Staunen.. Staunen.. Staunen..
- Abspeichern als sogenanntes TILE-File! (save as: *.plftil) Denn damit spart man sich das erneute rechnen.
Beim erneuten öffnen des TILE-Files kann man weitere Einstellungen vornehmen und nach Lust und Laune herumspielen, Farbe der Visualisierung ändern, Höhenlinien einblenden.
Mit dem „Scale Factor“ (Geländeüberhöhung) kann man mit der Auswahl eines höheren Wertes kleinere Höhenunterschiede besser erkenntlich machen.
Hat man alle Einstellungen vorgenommen und ist zufrieden mit der Visualisierung, dann speichert man die aktuelle Darstellung als Terrain-File ab (*.plfter).
Klickt man auf das Quadrat-Symbol „Tiles and Shading“ hat man mit der Option „Local Relief“ ein mächtiges Tool um bereits geringe Oberflächenveränderungen aufzuspüren (sofern beim Import der Rohdaten Häkchen aktiviert s.o.)
Die Bedienung vom Programm ist insgesamt sehr intuitiv. Es gibt viele Einstellungen und Anwendungsmöglichkeiten. Ob man die alle nutzen muss und brauch – soll jeder selbst entscheiden. Auf der Website gibt es auch Tutorials und die Bedienungsanleitung sollte man sich in einer freien Minute zu Gemüte führen.
Nach dem Nutzen der 30-Tagen-Testversion besteht nicht mehr die Möglichkeit, Rohdaten umzuwandeln. Die bis dahin gerechneten Terrain-Files können aber weiter betrachtet werden. Die Entwickler haben ohne Zweifel ihre Kohle verdient und an den 79 EUR für die Vollversion sollte es nicht scheitern, zumal so etwas bis vor 2 Jahren noch unverkäuflich war.
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Voraussetzungen User: little bit english, Anwendungsbereite PC-Kenntnisse
Voraussetzungen Hardware: min. 8 GB Ram, Prozessor ab i5, Win 7 oder neuer
Eigene Erfahrung: Ich habe einen PC aus dem Jahr 2012 mit Win 7, intel i5, 2x 4 GB Ram, onboard Grafik. Als ich übermütig mehrere Kacheldaten rechnen wollte, hatte sich mein PC aufgehangen weil die RAM-Auslastung ans Limit kam. Daraufhin habe ich nochmal 2 x 4 GB Ram nachgerüstet. Meine Empfehlung: Bei schwächerer Rechenleistung nur wenige Kacheldaten gleichzeitig rechnen lassen.
Den Einstieg zur Software habe ich über diese schöne Website bekommen, wo die Autorin ebenfalls schrittweise gut und anschaulich die Anwendung vorstellt:
https://www.plejadium.de/virtual-life/karten-gis/lidar-to-go-mit-planlauf-terrain/
Anwendungsbeispiele: Alte Wege (wieder)finden, Felsen vorerkunden, Steinbrüche, Krater, Pingen, Bachläufe, ungewöhnliche Dinge in der Landschaft aufspüren, Vorbereitung/ Nachbereitung Exkursionen, Hobbygeologen, Hobbykartographen, Höhlenforscher, Kletterer, usw.
Man muss sich mal vor Augen führen: Selbst Wissenschaftler haben kein besseres Geländemodell in Sachsen! Und die Visualisierung mittels PLANLAUF/TERRAIN finde ich genial. Viel Spaß beim Erkunden 🙂
PS: Falls ihr Fragen habt, könnt ihr mich gern kontaktieren, ich nutze es seit Februar 2020
PPS: Nein, ich bekomme keine Provision und habe auch keinen Kontakt zu den Entwicklern, finde die Software lediglich sensationell. Mit diesen einfachen Visualisierungen wird ein Traum wahr. Und es wird so manches aufgedeckt, was bisher im Verborgenen blieb. Aber ihr könnt Weihnachten auch die Eisenbahnplatte herausholen..
Am Gohrisch erkennt man schön den freistehenden Kletterfelsen „Muselmann“, sowie den Basaltbruch und das Mundloch des Specksteinstollens. Die Lokomotive bei Rathen sieht auch im LiDAR danach aus… und zwischen Schandau und Schmilka sind zahlreiche Zick-Zack-Wege zu den ehemaligen Steinbrüchen erkennbar. Einige davon sind im Gelände sicherlich nur noch schwer zu finden.
Eine beeindruckende Software, die Markus hier aufgetan hat. Ich hätte nicht gedacht, dass Privatanwender einmal in diesen Genuss kommen. Ich bin zwar kein Computerfreak aber hier werde ich mich wohl doch mal reinknien. Die Daten sind zu verlockend! Danke für die Aufbereitung!