Warten auf Regen

Firemap NASA vom 26.07. Vormittag

Tag 5 des großen Waldbrandes im Elbsandsteingebirge, welcher vom Schadensausmaß bisher vor allem die tschechische Seite des Elbsandsteingebirges betrifft: Unsere Nachbarn werfen wirklich alles in die Wagschale, was zur Brandbekämpfung möglich und denkbar ist. Die Koordinierung läuft offensichtlich hervorragend. 450 Feuerwehrleute, 7 Hubschrauber und 4 Löschflugzeuge haben es in den vergangenen beiden Tagen erfolgreich geschafft, die Flammen einzudämmen. Die Siedlungen sind aktuell kaum mehr bedroht. Hrensko konnte aufgrund des Dauereinsatzes weitgehend geschützt werden. Das hätte ich Montagabend fast nicht für möglich gehalten. Auch in der Kamnitzklamm hat man den Feuersog in den Griff bekommen und es wurde noch vor Vysoka Lipa gestoppt. Bei diesen Erfolgen sollte man aber auch sehen, dass diese Gebiete im Vergleich zu weiten anderen Teilen des Nationalparks Böhmische Schweiz noch gut für die Feuerwehrleute zu erreichen waren. Priorität lag auf den Brandherden um die Dörfer. Der Wind drehte heute auf Ost und die große Rauchwolke, welche sich zeitweise tief hinein ins Lausitzer Gebirge erstreckte löste sich auf. Der Blick wurde frei auf das Schadensgebiet und die Aufnahmen, welche von der Feuerwehr aus Usti freigegeben wurden geben einen ersten Einblick in das Ausmaß. Die Gaststätte am Prebischtor wurde wie durch ein Wunder verschont. Von den Tschechen kommen unfassbar viele Informationen rein. Es wurde sogar ein Netz aus webcams im livestream auf Youtube freigegeben, welche von Janov und Kamenicka Stran zu den Prebischwänden schauen, wo man aktuell rtg. Grenzweg stärkere Rauchentwicklungen sehen kann.

Noch kein Grund zum Aufatmen

Zum Aufatmen kommt man indes noch nicht wirklich. Denn derweil schwelen über ein Dutzend weitere Brandherde im Bereich des Fremdenweges oberhalb des Prebischtores bis hinter Rainwiese in den Zschand. Die Änderung der Windrichtung von Nordwest auf Ost bewirkte nicht nur eine Änderung der Rauchfahnen, sondern hat auch direkten Einfluss auf die Brandentwicklung. Heute früh hat das bereits die Brandkarte der NASA so angedeutet und am Nachmittag wurde im Forum der Stiegenfreunde dann dieses Luftbild verlinkt, wo mir erst einmal kurz der Atem stockte (23 MB groß)

http://cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/C6H3E4P3PBGEJD2CSOZ77SPTDA.jpeg

Das sieht leider alles andere als beruhigend aus. Das breite Tal am linken Bildrand ist der hintere Große Zschand, das größere Tal rechts im Bild die Weberschlüchte. Die Brandstellen tummeln sich alle am Grenzweg herum, Abzweig obere Weberschlüchte, Entenpfützenweg, Abzweig Schwarze Schlüchte, Kieferngrund. Und ganz links hinten im Bild mutmaßlich der aktuell gefährlichste Brand aus tschechischer Sicht nordöstlich vom Zeltplatz Rainwiese, wo der rote Wanderweg mal zum Rauschenberg führte (bevor er mit Totholz komplett zugefallen und gesperrt war). Es droht weiters Ungemacht. Der Wind dreht auf Süd und könnte die Brände auf die Schlüchte und Partschenhörner ausweiten. Ein seit Jahren von der Nationalparkverwaltung stillgelegtes Gebiet, wo keine Bodentruppen herankommen. Also entweder weiter aus der Luft löschen (wobei die Tschechen ihr Augenmerk definitiv auf Brandstellen um die Dörfer herum legen) oder abbrennen lassen.

Regen wahrscheinlich – aber ausreichend für Entspannung?

Ordentliche Regenmengen könnten die Lage ein wenig verbessern. Vermutlich wurde im Elbsandsteingebirge noch nie so sehnsüchtig starker Regen herbeigesehnt wie aktuell. Die Dürre ist dieses Jahr wirklich extrem und vergleichbar mit den Jahren 2018/2019 bzw. für die Vegetation aktuell sogar schlimmer. Laubbäume verwelken, pflanzenverfügbares Wasser im Oberboden nahe Null. Seit März sind vielerorts gerade mal 100 mm Regen gefallen. Massenweise Totholz in den Wäldern des Nationalparks war das Dauerthema der vergangenen 2 Jahre.

Die Wetterkarten geben leider keinen Anlass für laute voreilige Jubelstürme. Ab morgen Abend sind Schauer und Gewitter im Elbsandsteingebirge möglich, wobei es unklar ist, wie groß die Mengen ausfallen. Samstag soll es immer wieder mal etwas regnen. Flächendeckend 5-10 mm wären durchaus schon hilfreich und würden den Funkenflug zumindest kurzzeitig dämpfen. Manche Wettermodelle sehen tatsächlich örtlich bis 60 mm Regen. Die Bandbreite ist groß – wie so oft bei konvektiven Niederschlägen während einer sumpfigen Wetterlage. Leider soll es ab Montag bereits wieder wärmer werden, Mitte der Woche über 30°C und bis Ende trocken.

Informationsfluss stark unterschiedlich in beiden Ländern

Von deutscher Seite sind mir kaum vernünftige Informationen zur aktuellen Entwicklung bekannt. Die Sächsische Zeitung wiederholt endlos teilweise Meldungen vom Vortag und beim MDR steht auch nichts relevantes. Die Aussagen von den Verantwortlichen (Nationalparkverwaltung und Ministerium) klingen oft wie Hohn. Die behaupten tatsächlich, das Totholz würde keine große Rolle bei der Ausbreitung dieser Brände spielen. Im privaten Umfeld war zu hören, es soll wohl größere Probleme bei der Koordinierung der Einsatzkräfte gegeben haben. Der Tourismusverband empfiehlt Touristen Schifffahrten auf der Elbe, obwohl derzeit aufgrund Niedrigwasser keine Schiffe fahren. Die Festung Königstein darf weiter öffnen und Großveranstaltungen abhalten, obwohl nicht mal im 50 km entfernten Zinnwald die Leute wandern dürfen. Für den Tourismus ist es ein Dilemma, obwohl der Landkreis ja nicht nur aus dem Borkenkäfer-Nationalpark besteht und im Osterzgebirge oder linkselbisch auch in den vergangenen Jahren keine Waldbrände entstanden sind.

Aber auch auf deutscher Seite sind mittlerweile 8 Löschhubschrauber im Einsatz, sowie eine Armada an Feuerwehrleuten, welche pausenlos versuchen, die Glutnester zu finden und zu beseitigen. Die Brände, welche derzeit im Grenzgebiet Richtung Deutschland schwappen, werden vielleicht zu einen größeren Problem. Da muss man sich mit den tschechischen Kollegen sehr gut abstimmen, auch was das fassen von Löschwasser angeht. Es wird sich vielleicht auch die Frage stellen, ob manches einfach laufen lässt, wo keine Gebäude in der Nähe sind. Erfahrungen mit so einen lang anhaltenden Waldbrand in diesen schwierigen Gelände hat niemand. Also hoffen auf Regen.

PS: Wie schnell sich bei böigen Wind eine kleine Brandstelle binnen Minuten zu einen großflächigen Brand entwickelt, habe ich am Montag vom Zirkelstein aus dokumentiert.

4 Kommentare

  1. Achim Althausen

    Über die Aussage, dass Totholz nicht brennt weil angeblich zu feucht bin ich heute auch gestolpert. Zu dem Thema bin ich kein Experte aber: Ein Baum der über Jahre auf dem feuchten Boden liegt und von Pilzen, Kleinlebewesen zerfressen und morsch ist, wird wohl kaum brennen. Die teilweise meterhoch gestapelten Borkenkäfer Mikado Bäume haben keinen Kontakt mit feuchtem Boden und ausgibig geregnet hat es seit Monaten nicht. Meiner Ansicht nach ist das Zeugs super trocken und kann sehr wohl brennen. Aber ich bin ja kein Experte.

    Warum hängen diese „Öko Phantasten“ so krampfhaft an Ihrer Nationalpark Idee, die augescheinlich mit verheerenden Folgen gescheitert ist?

  2. Das Cloudfront-Bild mal genau ansehen. Unten in den Weberschlüchten, am Blauen Horn, oben am Sandschlüchtesattel und vorn im Zschand siehst man das Borkenkäfermikadoholz massenhaft rumliegen.

  3. Wenn das Feuer in die Weberschlüchte gelangt über Jortan und über Sandschlüchte,Auerhansteig brennt der gesammte Zschand ab. Fichtenmikado ohne Ende.Es ist Zeit etwas zu verändern .Wege sollten frei gehalten werden und nicht mit Absicht mit Käferholz verworfen werden…

  4. Die NVP sollte, statt mit immer neuen Lügenmärchen um sich zu werfen, so ehrlich sein, einzugestehen, dass die derzeitige Situation Teil des von ihr gewollten natürlichem Waldumbaus ist. (beschleunigt diesen ja auch um paar Jahrzehnte) Es war zu 100% klar und absehbar, dass diese Situation irgendwann eintritt. Jetzt sind sie zu feige zu ihrem eigenen Konzept zu stehen. Armselig!

    Ein Nationalpark hat in einer Kulturlandschaft absolut nichts verloren und ein menschenvetreibendes Totalreservat nichts in einem Wandergebiet.
    Es wäre noch ein Glück im Unglück, wenn die Waldbrände diese Erkenntnis in die Köpfe einiger Landespolitiker transportieren könnte, aber viel Hoffnung habe ich da nicht. Die verwechseln einen Nationalpark mit einem Tourismus-Katalysator, dabei bekämpft er den Tourismus.

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