Der große Waldbrand – Ende in Sicht & aktuelle Lage

Super Puma

Zweieinhalb Wochen sind nun vergangen und langsam ist ein Ende der Löscharbeiten absehbar. Auf tschechischer Seite wird nach und nach Personal abgezogen. Die Kameraden haben das Brandgebiet in verschiedene Sektoren (link) eingeteilt und übergeben diese schrittweise an die Nationalparkverwaltung. Da lokale Glutnester auch nach Wochen immer wieder aufflammen können, wurden örtlich Löschreservoirs geschaffen und eine stabile Wasserversorgung über Schlauchleitungen.

Das Schadensausmaß ist gut vom Satelliten (link) aus einsehbar. Auf tschechischer Seite erstreckt die beschädigte Fläche nahezu komplett von Hrensko nach Mezni Louka, und von der Edmundsklamm bis zur Grenze. Hinzu kommen verbrannte Teilflächen am Donnersberg (Bournak) und Rauschenberg (Vetrovec). Die verbrannte Fläche beträgt ca. 1000 ha. Noch dürfen die Bewohner von Hrensko und Mezna aber nicht zu ihren Häusern.

Auf deutscher Seite sind laut offizieller Mitteilung des Landratsamtes die letzten Glutnester im Bereich Richterschlüchte, Weberschlüchte und „Grenzsteig“ unter Kontrolle. Außer das bei jeder Pressemitteilung darauf hingewiesen wird, dass es nicht geregnet hat, steht seit Tagen wenig Neues darin. Während auf tschechischer Seite Dutzend verschiedene Quellen unabhängig voneinander berichten, Krisenstab und hochrangige Feuerwehrleute Rede und Antwort stehen, ist der Informationsfluss auf deutscher Seite nahezu ausgetrocknet. Lediglich über Facebook stellen die Kameraden der FFW Informationen ins Netz.

Nach Auswertung aller mir zur Verfügung stehenden Informationen waren auf deutscher Seite folgende Gebiete betroffen (geordnet nach Ausdehnung):

– die Nordwestseite des kleinen Winterberges bis zum Frienstein (obere Affensteinpromenade), sowie die besonders positiv von der Nationalparkverwaltung beworbene Fläche am Reitsteig gegenüber dem neuen „Borkenkäferlehrpfad“

– im kleinen Zschand: Bärenfangwände, Pechofenhörner, Frühlingswand, Heringsloch (? lt. Satbild)

– Grenze im Bereich Müllerwiesenweg/Katzenstein

– obere Richterschlüchte/Goldsteig/Meilerschlüchte, Roßsteig oberes Försterloch

– Jortan oben im Bereich Grenze bis kleine Webergrotte

– Raingrund

– kleine Bereiche am Kipphorn

Drohnenbild der tschechischen Feuerwehr vom 05.08.2022 mit eigener Beschriftung

Drohnenbild der tschechischen Feuerwehr vom 05.08.2022 mit eigener Beschriftung

 

Waldbetretungsverbot aufgehoben – Schadensbegrenzung

Rabenstein – neuer Wald nach dem Feuer 2006

Auch letztes Wochenende blieben ergiebige Regengüsse aus. 2 mm Niederschlag brachten wenig Entspannung und der böige Wind in der Nacht zum Samstag hat die Glutnester sogar nochmals kurzzeitig angefacht. Dennoch hat der Landrat am Sonntag das kreisweite Waldbetretungsverbot aufgehoben. 2 Wochen lang war der Tourismus mitten in der Hochsaison wie gelähmt. Die einen sehen es als Sicherheitsmaßnahme, andere als überzogen. Fakt ist, in Tschechien, wo ein weitaus größerer Teil abgebrannt und gerade touristische Hotspots um Hrensko betroffen sind, hat man eine komplette Sperrung des Nationalparks abgelehnt. Anstatt wie hierzulande als potentielle Brandverursacher verteufelt, wurden die Besucher zum Bleiben animiert und aufgezeigt, welche alternativen Wanderrouten möglich sind. So habe ich am Samstag auch diese Möglichkeit genutzt, und eine kleine Wandertour um Dittersbach (Jetrichovice) gedreht. Es ist auch eines meiner Lieblingsgebiete und war ich doch froh zu sehen, dass sich die Welt dort sozusagen weiter dreht. Denn Anfangs war wirklich nicht absehbar, wie weit sich die immer neuen Brandherde nach Osten hin ausdehnen. Nur der unermüdliche Einsatz einer Schar Feuerwehrleute hat Schlimmeres verhindert.

Die Ortschaft war Samstag gut besucht. Restaurants hatten geöffnet. Der große Parkplatz am Ortseingang war dennoch nur überschaubar belegt. Ich ging entlang des Gohlisch, hinauf zum Rudolfstein, und klassisch über Wilhelminenwand und Marienfelsen zurück. Die Waldbrandfläche am Rabenstein von 2006 wird immer wieder als positives Beispiel dafür genannt, wie schnell sich eine Waldfläche ohne menschliches Zutun regenerieren kann. Fotos dokumentieren schon wenige Tage nach dem Feuer die ersten giftgrünen Grashalme im Prebischtorgebiet. Die Natur wird sich erholen. Auf den abgebrannten Flächen vielleicht sogar schneller als dort, wo zu 70 % bis 90 % Käferfichten in Zeitlupe verfallen.

Unverändert aufwändige Löscharbeiten

Canadair Löschflugzeug

Nur 4 Kilometer entfernt war die Feuerwehr noch am Löschen. Die beiden italienischen Löschflugzeuge kamen etwa im 20-Minuten-Takt herangeflogen, um die Bodenbrände am Donnersberg effektiv mit ihren 6.000 Liter umfassenden Wassertanks zu bekämpfen. Beeindruckend zu sehen, wie tief die Piloten ihre Maschinen über die Brandfläche steuern, um sehr gezielt das große Wasservolumen darauf zu bringen. Aus meiner Sicht die effektivste Waffe bei derart unzugänglichen Gebiet. Da können die meisten Hubschrauber nicht mithalten (500 l bis 2000 l, je nach Gewichtsklasse Eurocopter bzw. NH-90). Lediglich die ganz großen altehrwürdigen Sikorsky CH-53 der Bundeswehr können mit den angehängten 5.000 l „Smokey“ vergleichbares bewirken. Letzterer wurde aber erst reichlich spät, nämlich am 12. Tag eingesetzt (04.08., Facebook-Post der Bundeswehr).

Über 2 Wochen nach Ausbruch der Brände halten die aufwändigen Löscharbeiten aus der Luft an. Zeitweise war trotz permanenten Hubschraubereinsatzes von 15 Maschinen tagelang keine sichtliche Verbesserung erkennbar, was durchaus die Effektivität der kleinen Bambi-Buckets in Frage stellt. Am Ende steht unter Ausblendung aller Kosten das Ziel, die Brandherde eingedämmt zu haben, sodass keine Gefahr mehr davon ausgeht. Auch, wenn die Löscharbeiten noch nicht endgültig abgeschlossen sind, lässt sich schon sagen, dass diese Waldbrände sowohl für Deutschland als auch Tschechien als die bisher teuersten und aufwändigsten in die Geschichte eingehen. Zeitweise waren fast 2000 Helfer und Feuerwehrleute im Einsatz und die „Nachbehandlung“ wird ebenfalls Ressourcen verschlingen. Ich werfe einfach mal 50 Millionen Euro in den Raum (getragen von den deutschen und tschechischen Steuerzahler).

Blick in die Zukunft – lässt sich Brandschutz mit den Nationalparks vereinbaren?

Gerade in den unzugänglichsten Bereichen der beiden Nationalparks ist die Brandlast aufgrund des enormen Totholzanteils am höchsten. So lange man eine nasse Witterungsperiode wie Sommer 2021 hat, mag das gut gehen. Aber dieses Jahr sehen wir, dass darauf kein Verlass ist. So wurden auf tschechischer Seite bereits kritische Stimmen aus dem Ministerium laut, welche auf erhebliche Veränderungen drängen. Es sei an dieser Stelle mein Hinweis gestattet, dass das Prebischtorgebiet zwar aufgrund der steilen Hänge Schwierigkeiten bei der Brandbekämpfung mit sich brachte, aber aufgrund der Nähe zu den Ortschaften durchaus einfacher zu erreichen, als die Ecke zwischen Jetrichovice und Hinterhermsdorf, wo das Wegenetz selbst für Wanderer sehr dünn ist, geschweige denn für Fahrzeuge. Dass ein zu hoher Anteil an Totholz und flächenhaft abgestorbener Wald ohne menschliches Zutun gleichzeitig die Erneuerung bremst ist anerkannter Stand der Wissenschaft. Es ist ein Umdenken erforderlich. Die Roteiche wurde zuletzt immer wieder als widerstandsfähige Baumart genannt, welche sich den verändernden klimatischen Verhältnissen gut anpasst. 2019 bedurfte es noch Bürgerproteste, weil die Nationalparkverwaltung eben jene Roteichen oberhalb Schmilka fällen wollte. Weil der Gegenwind auch medial zu groß war, gab der damalige Leiter zähneknirschend zur Kenntnis, dass von Seiten der NPV von den geplanten Fällungen dieser 300 Roteichen abgesehen wird. Vieles erscheint absurd. Auch das man die Borkenkäferproblematik positiv darstellt und im Handumdrehen 10 Jahre zu früh das 75%-Ziel erreicht.

Gefährdete Fläche 80 km2 (Quelle: mapy.cz)

Die Pläne der beiden Nationalparks sind klar: Man will eine kleinräumige Wildnis errichten, in welcher der Mensch als Störfaktor nicht mehr vorkommt und höchstens mit ein paar Kilometer Wanderwegen diese erleben darf.

Nun muss man Lösungen finden, wie sich das gescheiterte Nationalparkkonzept mit Brandvorsorge und verstärkten Waldpflegemaßnahmen vereinbaren lässt. Denn selbst wenn man den Menschen komplett aussperrt, besteht noch das Restrisiko von Blitzschlag als natürliche Brandursache.

Stimmen aus Politik und Wissenschaft

Auch wenn es in den letzten Tagen plötzlich sehr still wurde um das Thema, haben sich viele Personen zu Wort gemeldet. Einige Statements im Überblick:

Michael Kretschmer, Ministerpräsident (03.08. MDR Exakt – die Story)

„Und deswegen muss darüber gesprochen werden, wie in einer Zeit wo es immer trockener wird auch solche Nationalparks eine Zukunft haben. Wie eben Schneisen vorhanden sein können, die zur Brandbekämpfung helfen können. Wie Wasserhaltung in den Wäldern organisiert werden kann. Wie vielleicht auch mehr Totholz aus den Wäldern herausgebracht werden kann. Diese Fragen muss man jetzt unideologisch offen stellen und diskutieren.“

https://www.mdr.de/tv/programm/sendung-781142.html

Ulf Zimmermann, Leiter Nationalparkverwaltung (03.08. MDR Exakt – die Story)

„Zum jetzigen Zeitpunkt ist es verfrüht. Wir müssen uns jetzt erstmal darum kümmern, das wirs gelöscht kriegen. Und wenn wir das im Griff haben, Zeit dafür haben, Ruhe haben, dann müssen wir auch die Frage stellen ok wie können wir das vielleicht verbessern in welchen Bereichen macht das Sinn müsste man dann eben reduzieren oder nicht. Was wichtig ist wir werden uns das insbesondere im Bereich der Rettungswege anschauen ob wir dort im Sinne von zusätzlichen Brandschutzschneisen oder entlang der Wege eben Totholz reduzieren oder dort auch aktiv vielleicht sogar eingreifen.“

https://www.mdr.de/tv/programm/sendung-781142.html

Michael Geisler, Landrat (Sächsische Zeitung 05.08.)

„Die Kritik ist berechtigt. Seit zwei, drei Jahren höre ich den Warnenden genau zu. Und es gab viele Warnungen. Die Brandlast ich hoch, das ist unstrittig. Deshalb haben wir hartnäckig an der Forderung festgehalten, Wege freizuschneiden. Klar ist, die Situation ist absehbar gewesen. Deshalb wurde auch eine offene Diskussion geführt. Und es wird auch nach der Katastrophe eine Diskussion geben. Zum Beispiel darum, wie umfänglich ein Genehmigungsverfahren sein muss, um Zisternen im Nationalpark zu errichten. Die Forderungen dazu sind nicht neu. Zisternen müssen da hin, dringend. Es gibt aber leider Entscheider, die den Naturschutz an erster Stelle stehen haben. Keiner hat etwas gegen Naturschutz, Ideologen haben an einer solchen Diskussion keinen Platz.“

https://www.saechsische.de/katastrophen/waldbrand/waldbraende-saechsische-schweiz-die-feuerwehrleute-kaempfen-bis-zum-umfallen-michael-geisler-landrat-interview-5738451-plus.html

Wolfram Günther, Umweltminister (Pressemitteilung, 26.07.)

„Dieser Waldbrand ist eine Tragödie für die Region und für alle Menschen, die vom Tourismus leben. Inwieweit geschützte Arten betroffen sind, wissen wir zur Stunde noch nicht. […] In den allermeisten Fällen ist der Mensch der Auslöser von Waldbränden. Auch hier in der Sächsischen Schweiz wird untersucht, ob der Brand menschengemacht ist.“

https://medienservice.sachsen.de/medien/news/1052074

(kurze Bemerkung: Diese Worte sprechen für eine völlige Unkenntnis der Lage – Brandursache war massiver Funkenflug des Großbrandes um Hrensko in Verbindung mit starken Südwind am Sonntag. Ursache des Brandes auf tschechischer Seite ist bis zum heutigen Zeitpunkt ungeklärt, wobei dort der Mensch als Auslöser logischerweise am wahrscheinlichsten ist.)

Wolfram Günther, Umweltminister (28.07. MDR)

„Wir haben den Brand in den Wäldern. Ganz egal, ob dort jetzt Totholz steht oder nicht. Mittlerweile brennen auch dicht belaubte Buchen, also richtiges Grün. Das haben wir so noch nicht erlebt.“

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/freital-pirna/waldbrand-saechsische-schweiz-boehmische-schweiz-totholz-100.html

Prof. Dr. Johann Georg Goldammer (09.08. MDR)

„Und dadurch haben wir eine Brandlast in den Wäldern, wie wir sie vor 30 bis 40 Jahren nicht hatten. Wenn sich das Feuer jetzt in diese starken Totholzauflagen hineinfrisst, haben wir ein Problem.“

„In der Sächsischen Schweiz ist es natürlich so: wir haben da ein ausgesprochenes Erholungsgebiet, da will man auch nicht zu viel intensive Forstwirtschaft haben. Aber dieses Nichtstun und Liegenlassen ist gefährlich, und das sehen wir heute.“

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/freital-pirna/waldbrand-totholz-feuer-experte-interview-100.html

Prof. Dr. Andreas Roloff, TU Dresden (03.08.2022, MDR Exakt – die Story)

„Im Nationalpark in den Kernflächen wird ja oberstes Gebot ähm alles laufen gelassen, ob es Borkenkäfer ist, ob es Feuer ist. Weil man daraus lernen will, was die Natur selbst tut nach so einer Katastrophe“.

https://www.ardmediathek.de/video/exakt-die-story/feuer-im-elbsandsteingebirge/mdr-fernsehen/Y3JpZDovL21kci5kZS9iZWl0cmFnL2Ntcy85NmFjYjIzNC1kNjE5LTRiMGUtOWU0Zi0wZjIwNGQzOGM2YmU

(Anm.: Falls er mit „Kernflächen“ die Kernzone meint – seit 2 Wochen sind über 500 Feuerwehrleute unter lebensgefährlichen Bedingungen genau dort im Einsatz, sowie kostspielige Löschhubschrauber weil es eben dort brennt und es nicht „laufen“ gelassen werden kann.)

Sven Erik Hitzer, Großunternehmer (10.08. MDR)

„Das dieser jetzige Brand so ein verheerendes Ausmaß angenommen hat, liegt eindeutig daran, dass im Grunde genommen das Löschwasser in der entsprechenden Menge nicht rechtzeitig an den kleinen Löschort war, wo man das hätte eingrenzen können und deswegen hat es sich zu einen Flächenbrand ausgeweitet.“

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/freital-pirna/waldbrand-saechsische-schweiz-elbsandsteingebirge-100.html


Galerie – Brandgebiet um Hrensko am 09.08.2022 vom Zirkelstein aus gesehen

Ein schauriges Bild bietet sich vom Zirkelstein. Unten auf der Wiese permanenter Hubschrauberlärm. Piloten machen dort Pause, Bambi Buckets werden kontrolliert. Waghalsig drehen die Helikopter ihre Runden und stürzen sich gekonnt ins Elbtal hinab um ihre Wasserbehälter zu füllen. Das gesamte Prebischtorgebiet von der Silberwand bis zur Flügelwand und darüber hinaus ist braun. Als wäre dem Künstler die Farbe ausgegangen. Ein hochauflösendes Panoramabild kann hier abgerufen werden (Link 10 MB, starke Nerven erforderlich)

Ein Kommentar

  1. Achim Althausen

    Vielen Dank für die objektive und unaufgeregte Darstellung.

    Bei den Stimmen aus Politik und Wissenschaft sind die zwei mit den Anmerkungen versehenen bemesrkenswert. Dazu fallen mir noch mehr Anmerkungen ein, die ich hier nicht wieder geben möchte…

    Hoffentlich werden wir in den betroffenen Gebieten auch in Zunkunft wandern dürfen und den Waldumbau aus nächster Nähe beobachten können.

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