Exkursion ins Brandgebiet – Kleiner Zschand bis Frienstein

Löschwasserpool

Nachdem wir wochenlang die großen Waldbrände in der Sächsischen Schweiz aus der Ferne beobachten „durften“ und der Informationsfluss über die betroffenen Flächen lediglich aus Buschfunk und mageren Pressemitteilungen des Landratsamtes bestand, wurde das ganze Gebiet ab dem 27.08.2022 von der Nationalparkverwaltung für die Öffentlichkeit freigegeben. Dieser Schritt erfolgte jetzt doch überraschend schnell. Die meisten Beobachter hätten wohl mehr damit gerechnet, dass die Sperrfläche vorerst weiter eingegrenzt wird und es noch ein paar Wochen dauert. Dank der lang ersehnten ergiebigen Regenfälle in Kombination mit kühleren nächtlichen Temperaturen sind auch die letzten Bodenbrände gelöscht und eine Gefahr geht nicht mehr aus.

So habe ich es mir nicht nehmen lassen, am Sonntag einige Bereiche der betroffenen Flächen anzusehen. Ich bin erst gegen Mittag an der Felsenmühle gestartet und die Plätze im Kirnitzschtal waren doch auffällig gut mit Autos gefüllt. Scheinbar ist die Nachricht recht schnell durchgedrungen. Die Menschen sind froh darüber, endlich wieder frei viele wunderbare Ziele anzusteuern, nachdem es vier Wochen lang nicht möglich war.

Mein erstes Ziel war der kleine Zschand – genauer gesagt die Pechofenhörner. Die Buchschlüchte ging es hinauf in abgestorbene Wälder, die nicht vom Waldbrand berührt wurden. Auf dem Königsweg liegt noch eine Menge Totholz quer und man hat Mühe da entlang zu kommen. Am Abzweig Wartburg sah es dann ganz schlecht aus und ich war doch einigermaßen erstaunt, dass nur wenige Meter vom Brandgebiet die Wege nicht vorsorglich für Rettungskräfte freigeschnitten wurden. Wahrscheinlich bestand keine Notwendigkeit von unten heranzukommen.

Pechofenhörner und Marienhöhle

Vorderers Pechofenhorn verbrannt

Nun ging es hinauf zum Hinteren Pechofenhorn. Das war augenscheinlich nicht vom Feuer betroffen. Von der Felsterrasse hat man aber einen guten Blick auf das gegenüberliegende Vordere Pechofenhorn. Dessen Riff ist weitgehend verbrannt, die Kiefern und Birken sind braun. Ringsherum tropfte das Feuer nach unten und fraß sich in den trockenen Boden bis an den Königsweg heran.

Ich ging dann unten am Felsfuß weiter um das Vordere Pechofenhorn herum. Überall verbrannte Wurzeln. Leider werden hier einige Buchen und Birken in nächster Zeit absterben. Zwischen Frühlingswand und Hintergründel war unten ein großflächiger Bereich, wo die Bodenvegetation komplett verbrannt ist. Infolge werfen die Bäume flächig das Laub ab. Das Hintergründel war dann bis zur Marienhöhle gut begehbar. Links des Weges sieht man aber das Unheil. Das gesamte namenlose Riff oberhalb der Marienhöhle ist verbrannt. Bis zu dem Punkt war ich nur im Mischwald unterwegs. Oberhalb der Marienhöhle erreicht man den gehackten Weg und reinen Borkenkäferwald. Man sieht an den verkohlten toten Fichten, wie hoch die Flammen schlugen. Der alte Steig schien wie eine Feuerscheide gewirkt zu haben, denn rechtsseitig davon waren Boden und Bäume nicht betroffen.

Der weitere Weg führte mich dann zum AP Bärenfangkanzel, wo man das verbrannte Riff oberhalb der Marienhöhle im Ganzen sieht. Davon abgesehen ist es ein schöner Platz zum rasten. Der gehackte Weg von Hintergründel bis kl. Kuhstall macht seinen Namen keine Ehre, ist unverändert voll mit Totholz und eine Begehung bereitet kein großes Vergnügen.

Roßsteig und Katzenstein

Roßsteig Brandfläche

Wo der Weg in den Roßsteig mündet befindet sich wieder eine größere Brandfläche. Hier sehe ich auch erstmals das Wirken der Feuerwehr. Bäume wurden zerstückelt und der Boden ist zerfurcht. Die verbrannte Fläche ist groß und erstreckt sich bis zum Katzenstein. Hier hat in erster Linie das Totholz lichterloh gebrannt. Die Feuerwehr hat auch mehrere Zugänge nach unten geschlagen und zur Brandbekämpfung alte Wegspuren freigesägt. Am Katzenstein befinden sich 3 Löschwasserpools und Richtung Fremdenweg liegt noch eine Schlauchleitung. Anstatt Holzzaun sperrt nun Flatterband den breit freigesägten Fremdenweg ab. Letzterer war einer der Haupteinsatzorte, da sich von tschechischer Seite ausgehend das zerstörerische Großfeuer über die Silberwand und das Huschental hinaus seinen Weg bahnte.

Ich ging nun Richtung kleiner Winterberg/Reitsteig. Interessant zu sehen war, dass vom Katzenstein noch ein ganzer Streifen > 300 m entlang rechts des Weges brannte. Erst exakt ab dem Punkt, wo kein Totholz mehr lag und ein Riegel mit Laubbäumen einsetzt fand der Brand wohl keine schnelle Nahrung mehr. Ich empfehle jeden, der die Brandgefahr von toten Fichtenholz herunterspielt, sich diese Stelle genau anzusehen.

Meine Sonntagstour sollte ja eine sinnvolle Runde werden, und so wollte ich mir auch die Ecke um Frienstein/Bergfried ansehen, um über den Abstieg kl. Winterberg wieder zurück ins Kirnitzschtal zu laufen.

An der Wiese bei der Kreuzung kleiner Winterberg/Reitsteig stehen auch noch kleine Löschpools herum und es ist unverkennbar, dass hier ein wichtiger Treffpunkt für die Einsatzkräfte war. Hätte man über so einen großen Löschwasserpool wie die Tschechen in Mezni Louka verfügt, dann hätten die Hubschrauber wohl direkt an dieser Stelle auftanken können, was enorm viel Weg und Zeit gespart hätte. Hätte

Großfeuer im alten Totholz am Reitsteig

Brandfläche Reitsteig

Direkt hinter der Wiese befindet sich der neu eingerichtete Borkenkäferlehrpfad. Erstaunlicherweise ist der Pfad unverändert Baustelle, denn die Lehrtafeln fehlen noch immer. Im Februar dieses Jahres wurde eine Eröffnung im „Frühjahr 2022“ versprochen. Nun steht dran: „Sommer 2022“. Vielleicht hat man die Anbringung der Lehrtafeln auch absichtlich noch etwas hinausgezögert, denn die Glorifizierung des natürlichen Waldumbaus und Natur Natur sein lassen ist derzeit recht umstritten. Der sogenannte „Weg zur Wildnis“ endet am Lehnsteig – und nahezu vis-à-vis der riesigen Brandfläche am Reitsteig.

Erstaunlich bei dieser Brandfläche ist, dass es sich hierbei um eine ältere Sukzessionsfläche handelt. Die meisten Fichten im Nationalpark wurden im Zeitraum 2018 bis 2020 vom Borkenkäfer befallen und vernichtet. Dieser Bereich am Reitsteig hingegen ist eine frühere Befallsfläche von 2011. Im Jahr 2014 lagen bereits verbreitet dürre Stämme kreuz und quer. In den vergangenen Jahren wuchs langsam ein Pioniermischwald heran. Ab 2018 starben dann auch ringsum die Fichten westlich und nördlich am Bergkamm bis zum kleinen Winterberg ab. Resultat unter diesen Bedingungen war mehrere Meter hohes Vollfeuer auf breiter Flur. Keine Spur von schlecht brennenden, feuchten Totholz. Es ist eben ein gut belüfteter und sonniger Standort.

Vor wenigen Wochen war an dieser Stelle noch ein undurchdringliches Gebiet. Jetzt läuft man einfach über verkohlte Baumstämme hoch bis an den niedrigen Felsenkamm und hat eine Fernsicht bis nach Sebnitz. Wobei gewarnt sei: Der Untergrund aus verbrannten Torf ist sehr, sehr rutschig (vermutlich auch durch die Einbringung von Netzmittel).

Entlang des Reitsteigs zieht sich nun eine große abgebrannte Fläche, welche erst kurz vor dem Abzweig zum Frienstein aufhört. Dieser kleine Taleinschnitt ist weniger anfällig für Brände, da es hier immer recht feucht ist. Am Frienstein selbst eröffnet sich dann die Gesamtansicht der verbrannten Linie bis zum kleinen Winterberg, in dessen Zentrum der Siegfriedfels steht. Die tief stehende Abendsonne am Sonntag ließ die Stimmung weniger düster erscheinen. Aber leider ist zu befürchten, dass viele Birken und Kiefern in den nächsten Monaten absterben.

Die obere Affensteinpromenade war freigeschnitten und gangbar. Die Begehung macht bei diesem Anblick (und verkohlten Gestank) selbstredend nur wenig Freude und ich war froh, irgendwann an den Winterbergspitzen endlich mal unbeschädigte Bäume zu erblicken und das Ende des verbrannten Gebietes erreicht zu haben.

Birke schlägt neu aus

Die Brandentwicklung dort dürfte klar sein. Es gibt ja auch eine Augenzeugenbeobachtung des Kletterers, der am 25.06. noch am Siegfried klettern war. Das Feuer wurde durch den böigen Südwind oben über den Reitsteig-Kamm getragen und in der folgenden Nacht brannte es auf weiter Flur zwischen Frienstein und Winterbergspitzen. Als der Wind in der Nacht zum 26.06. dann auf Nord drehte konnte die Feuerwehr sich vermutlich schon am Reitsteig positionieren und glücklicherweise ein noch großflächigeres Abbrennen Richtung Schmilkaer Kessel verhindern.

Bemerkenswert ist noch, dass an den verbrannten Birken bereits neue Triebe mit saftigen, grünen Blättern sprossen. Und Farn schießt vier Wochen danach aufgrund magerer Standortanforderungen sowieso überall hoch. Bei aller Betroffenheit über die Zerstörung wird es auch interessant sein zu beobachten, wie die Natur sich auf den betroffenen Flächen selbst heilt. Die nächste Exkursion wird mich zeitnah zu Richterschlüchte, Goldsteig, Müllerwiesenweg und Bärenfangwände führen.

———————————————————-

Es folgt noch eine Bilderauswahl. Wer mehr Eindrücke sehen will, kann 85 Bilder HIER als .zip-Datei herunterladen (29 MB)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.