Ergänzend zur ersten Tour am Sonntag habe ich mir noch einmal einige Brandherde in der hinteren Sächsischen Schweiz angesehen. Dazu startete ich diesmal wochentags in Schmilka. Mich umtrieb ein komisches Gefühl. Denn wenn man in den Ort hineinfährt fällt einen unweigerlich die verbrannte Fläche links am Hang hinter der Grenze ins Auge. Wie muss den Einwohner die ganze Zeit während des Brandes zumute gewesen sein? Die erste völlig verbrannte Fläche ist nur ein Kilometer Luftlinie entfernt. Hubschrauberlärm tagein tagaus. Sirenengeheul, Feuerwehren im Dauereinsatz. Es gleicht fast einem Wunder – und ist neben der Feuerwehr auch der Wetterlage zu verdanken – dass keine Vegetation in unmittelbarer Nähe der Häuser und Gärten Feuer gefangen hat. Und dass es in dem mit toten Fichten gefüllten Schmilkaer Kessel bzw. Heringsgrund nicht gebrannt hat.
Nun begann meine zweite Exkursion ins Brandgebiet unten an der Elbe und zum warm werden ging es erst einmal viele Höhenmeter steil bergan über den Bergsteig zur Kipphornaussicht. Direkt links neben der Aussicht hat in der Nacht zum 26.07. ein kleines Riff gebrannt. Die Feuerwehr kam von der Winterbergstraße her ganz gut heran und konnte den Brandort relativ schnell eindämmen. Totholz hat an dieser Stelle keine Rolle gespielt, denn dort wachsen Kiefern, Birken und Buchen. Der extrem trockene Boden hat ausgereicht.
Hart an der Grenze
Weiter ging es zum Müllerwiesenweg. An der Wiese sieht man Bereiche wo es Torfbrände gab. Ringsum steht viel verkokeltes Totholz. Zur Silberwand sind es nur 300 Meter. Dort beginnt in etwa diese riesige zusammenhängende verbrannte Fläche bis Rainwiese. Vermutlich wäre der Anblick nur schwer zu verkraften. Aus jetziger Sicht bleibt es völlig unklar, welche Wege im Prebischtorgebiet wieder zu welcher Zeit begehbar sein werden. Die Löschfahrzeuge werden starke Spuren hinterlassen haben. Kletterzugänge sind zweifellos von Erosion betroffen. Bei nasser Witterung kann man jetzt wahrscheinlich mit dem Schlitten die Hänge herunter fahren…
Ich bleibe auf dem Müllerwiesenweg und bis zum Katzenstein quert man je nach Totholzanteil immer wieder verbrannte Bereiche. Es folgt ein kurzer Plausch mit drei Bekannten Wanderfreunden, die sich an diesen Tag ebenfalls ein eigenes Bild über die verkohlten Flächen machen wollen. Manchmal fing sogar das eigentlich feuchte Moos Feuer, oder auch mulmiges, sich zersetzendes Totholz. Am oberen Zugang zum Fremdenweg findet sich wieder viel Totholzkohle als Vorgeschmack, was man im weiteren Verlauf des Fremdenwegs/Grenzwegs vorfinden würde, welchen ich mir aber nicht angesehen habe. Mir reicht, was ich auf deutschen Gebiet sehe.
Riesige Brandfläche vorm Krinitzgrab
Vom Katzenstein geht es ab Richtung Krinitzgrab/Richterschlüchte. Schon nach wenigen Metern steht man in einer Mondlandschaft und blickt über abgebrannte Riffe in den Großen Zschand. Hier herrschten offenbar optimale Bedingungen für eine großflächige Brandentwicklung. Eine luftige Lage, gepaart mit sehr viel stehenden und liegenden Totholz, viel Nadelstreu, vertrocknetes Heidekraut und Farn. Im Frühjahr saß ich hier noch mit Dietmar, dem Webmaster der Webergrotte und habe Rast gemacht. Da fällt mir gerade ein: Hier herrschen im Winterhalbjahr oft spezielle Wetterbedingungen. Es weht nicht selten ein trockener Böhmischer Wind, welcher zusätzlich das tote Fichtenholz durchtrocknet, sodass man an im Sommer dann eben auf < 10 % Feuchtegehalt kommt.
In diesen Abschnitt wurden im Rahmen von Verkehrssicherungsmaßnahmen vor 4-5 Jahren Fichten kontrolliert gefällt und auf Seite gelegt. Jetzt ist alles abgebrannt. Die Bäume beim fällen nicht auf den Boden zu legen, sondern an Felsen anzulehnen (wie es an vielen Stellen praktiziert wurde) entpuppt sich als Fehler. Das vorspringende Felsriff am Krinitzgrab grenzt die Richterschlüchte ab und diente als Schutz. Glücklicherweise ist der Charakter im oberen Teil der Schlüchte um die Richtergrotte herum erhalten geblieben und man erlebt einen Hauch von Nostalgie in unserem „Disneyland“. Nur die Richtergrotte spielt nicht mit – es kommt kein Tropfen von oben. Kaputt? Vielleicht lässt es sich ja mit den Spendengeldern reparieren…
Stückchen Goldsteig und Meilerschlüchte
Ich biege ab zum Goldsteig. Immer wieder befinden sich kleinere Brandflecke am Wegesrand, wo glimmende Holzkohle und brennende Bäume von oben herabstürzten. Nah an der Rettungsbox kurz vorm Goldsteighorn habe ich einen Vogel aufgeschreckt. War das etwa ein Wiedehopf? Vorn an dem kleinen Felsbalkon mache ich Pause. Kurz darauf kam der verdächtige Vogel wieder vorbeigeflogen. „Huphuphup“. Bin mir recht sicher, das war ein Wiedehopf. Wiki weiß: „Der Wiedehopf benötigt halboffene bis offene insektenreiche Landschaften.“ Naja, die findet er jetzt hier…
Bei nächster Gelegenheit geht es wieder hinauf zum Roßsteig – das wären die Meilerschlüchte. Das erste Stück ist offizieller Kletterzugang zu Spitzhübel und Meilensäule. Danach wird es zum historischen Weg. Die Feuerwehr hat Platz geschaffen und der Weg ist durchgängig bis zum Roßsteig begehbar, denn es hat im oberen Bereich ordentlich gebrannt. Zuvor lagen genau hier am Abzweig dicke Fichten, welche im Zuge von Verkehrssicherungsmaßnahmen wunderbar den Zweck eines Verhaus dienten. Das Feuer hat nicht nach dem Wegestatus gefragt.
Ein paar Meter nach diesem Abzweig hat das Feuer Pause gemacht. Links und rechts des Weges fällt Brennholz ins Auge, wie es nicht im Öko-Totholz-Lehrbuch steht. Wenn die Bezeichnung „Brandbeschleuniger“ passt – dann hier! Nun schau ich mir die Bärenfangwände an. Die Feuerwehr hat alles freigeschnitten. Hier brannte es zwischen Marienhöhle, Sumpfporstkegel und Frühlingswand. Die verbrannten Riffe lassen einmal mehr auf dichten Totholzwald dahinter zurückführen. Diese trockenen, entrindeten Baumstämme raffen die Flammen im Nu dahin. Die feueranfällige Riffvegetation hat nur wenig Widerstandskraft bei solchen Bedingungen.
Bärenfangwände nicht komplett hinüber
Die eigentlichen Aussichten auf den Bärenfangwänden sind vom Feuer verschont geblieben. Punktuell hat noch auf den höher gelegenen Bereichen Richtung Roßsteig gebrannt, bis an den steilen Aufstieg („Bärenfangwändestiege“) heran. Oben wurde auch in diesen Bereich etwas gesägt um Glutnester abzulöschen. Die Westelschlüchte vom Winterstein her sind vermutlich weiter unzugänglich. Ein Tag länger böhmischer Südwind und es wäre mutmaßlich von Bloßstock bis Winterstein herum alles in Flammen aufgegangen. Bekanntlich drehte der Wind und vernichtete sämtliche Bestände von Hrensko bis Rainwiese.
Als letzten Punkt habe ich mir den oberen Teil des Försterlochs angesehen. Vom gehackten Weg her muss man hin und wieder über querliegende Bäume steigen. In der Nähe vom Försterlochturm hat es gebrannt und so war auch hier die Feuerwehr aktiv. Man gelangt nun mühelos nach oben zum Katzenstein. Früher stand am Weg mal eine alte Waldarbeiterhütte. Die Nationalparkverwaltung hat sie dann irgendwann mal „renaturiert“. Auch dort hat sich das Feuer ausgetobt. Zum Schluss ging’s über den Wurzelweg hinab ins Elbtal.
Brandflächen sind ein unübersehbarer Teil der hinteren Sächsischen Schweiz
Es soll hier nicht der Eindruck entstehen, dass in der hinteren Sächsischen Schweiz alles abgebrannt ist. Im Vergleich zum böhmischen Teil sind es überschaubare Flächen. Dennoch für die Besucher in diesen Gebiet unübersehbar. Denn Roßsteig, Reitsteig, Richterschlüchte und Obere Affensteinpromenade sind wichtige, normalerweise gut frequentierte Wege. Zum Glück haben die Hauptwege weniger als gedacht unter den Brand und Feuerwehreinsätzen gelitten. Der Roßsteig wird im unteren Bereich bereits jetzt instandgesetzt. Hier hat die Nationalparkverwaltung schnell reagiert, wie schon nach dem Starkregenereignis 2021. Die Besucher sehen überall im Nationalpark diese gigantischen Flächen abgestorbener Wälder. Und auch das abgebrannte Gebiet. Am Reitsteig war die Fläche bereits 10 Jahre lang abgestorben und überdeckt mit niedrigen Pionierpflanzen. Dennoch ist alles niedergebrannt.
Es steht jedem frei, sich hier sein eigenes Bild zu machen und ein Urteil zu bilden. Während dieser Exkursion kam wieder mein Feuchtemessgerät zum Einsatz. 12 % bis 15 % an unterschiedlichsten Stellen, selbst im Kern frisch gesägten Holzes. Nachweislich Brennholzqualität – wohl wissend, dass die Werte vor dem letzten großen Regen noch „besser“ waren. Egal ob grüner Landtagsabgeordneter oder BUND-Aktivist: Kommt her, dreht eine Runde und schaut euch das selbst an. Anstatt gebetsmühlenartig die Medien mit schwachen Argumenten zu füttern. Es erweckt manchmal den Eindruck, als wüsstet ihr nicht, worüber bei der Nationalpark- oder Totholz-Diskussion gestritten wird. Und wenn euch das nicht reicht, schaut euch das Gebiet von Hrensko bis Rainwiese an. Die Leute haben einfach keinen Bock drauf, dass es beim nächsten Brand im Zschand, Kirnitzschtal oder Polenztal genauso aussieht. Die Blütezeit des Tourismus ist nur noch auf alten Postkarten zu erahnen und längst vorbei. Der Titel dieser Landschaft lautet „Sächsische Schweiz“. Nicht „Nationalpark“. Letzteren tragen viele. Sächsische Schweiz gibt es nur eine.
Genauso wie Tourismus aktive Unterhaltung touristischer Infrastruktur voraussetzt, so setzt Naturschutz aktive pflegerische Maßnahmen voraus. Das Belassen von Brand- oder Schadholzflächen hat seine Berechtigung. Wenn aber das Nichtstun im WICHTIGSTEN Naherholungsgebiet weit und breit inmitten eines europäischen Ballungsraums oberste Prämisse hat, dann geht es langfristig mit Tourismus UND Naturschutz nach hinten los. Wie leer muss eigentlich das Kirnitzschtal sein, damit das auch der letzte verstanden hat?
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Galerie – Exkursion ins Brandgebiet Teil 2: Kipphorn, Müllerwiesenweg, Krinitzgrab, Richterschlüchte, Goldsteig, Bärenfangwände, Förstersloch
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Download Dokumentation Holzfeuchte 31.08.2022 – Werte um 15 % entsprechen immernoch Brennholzqualität
Feuchtemessungen_Totholz_31.08.2022
Download Komplette Fotogalerie 85 Bilder
Danke für die Bilder und den Exkursionsbericht, dessen abschließende Bemerkungen ich nur unterstützen kann.
Persönlich freut es mich, dass es doch ein paar Lichtpunkte gibt. Moos und Grün innerhalb der Brandflächen lassen hoffen, daß die Vegetation einfacher und schneller sich dort wieder räumlich ausbreitet, als in den großflächigen Gebieten in der Böhmischen Schweiz. An das Krinitzgrab habe ich oft gedacht- schön dass es unbehelligt geblieben ist.
Viele Grüße
Alex