Zum Buß- und Bettag wollte ich einmal wieder in meiner Heimat um Bad Gottleuba-Berggießhübel unterwegs sein, und so lud ich einige Wanderfreunde zu einer Runde in das Übergangsgebiet von Erzgebirge und Sandstein ein. Auch wenn wir uns alle gut in der Ecke auskannten, so sollte diese Wanderung doch für jeden etwas Neues bereithalten. So wurde mir vor einigen Jahren bereits von Freunden aus Bad Gottleuba von einer „Zwergenhöhle“ berichtet, welche vom Kindergarten gern als Waldspielplatz genutzt wird. Jedes Kind aus Gottleuba wird diesen Ort kennen. Für uns war er hingegen neu. Aber der Reihe nach…
Wir starteten am Parkplatz Jagdstein, welcher aktuell noch zu großen Teilen vom Forst in Beschlag genommen wird. Und gleich nebenan hat der Kampfmittelbeseitigungsdienst seine Zelte aufgeschlagen, welcher mittlerweile seit fast einem Jahr tonnenweise alter Munition geborgen und entsorgt hat, welche hier auf Feldern und im Eingang zu den Zehistaer Wänden herumliegt.
Neue Fernblicke an den Raabsteinen
Erstmal geht es abwärts in das ländliche Gersdorf mit seinen bäuerlichen Gehöften. Am Rande des Herbstberges erreichen wir bald das Mündungsgebiet des Gersdorfer Bachs. Erstes Highlight ist das Felsgebiet der Raabsteine, früher „Hartmannsbacher Felsenwände“ genannt, eine Sandsteininsel auf dem Erzgebirgsgneis aufliegend. Das schöne Eingangsschild ist leider zerstört. Als wir an die Felsen herankommen bietet sich ein völlig neuer Anblick: Unterhalb der Hauptfelsen wurden zahlreiche Fichten gefällt und so hat man neuerdings einen Fernblick bis nach Dresden. Wir bekommen auch ein paar unerschrockene Mufflons zu Gesicht, welche sich gern in dieser Ecke herumtreiben.
Mühlsteig und Tannenbusch
Nach ausgiebiger Inspektion einiger Höhlungen und vermeintlicher Steinstufen ging es über den rot markierten Wanderweg hinab ins Gottleubatal. Der schön angelegte Mühlsteig führt 500 m direkt an der Gottleuba entlang und bringt uns zum nächsten Ziel: Den Tannenbusch. Dieser felsige Kamm aus Turmalingranit bildet die Fortsetzung des Helleberges, zwischen welchen sich die Gottleuba tief hindurchgegraben hat. Nur Fluss und Bährmühle trennen diese beiden Berge voneinander und sorgen für reichlich Höhenmeter. Um den Tannenbusch führen mehrere Promenadenwege herum. Seit Buchdrucker und Kupferstecher auch in dieser Region erfolgreich die Fichte verdrängt haben, sind vom Tannenbusch ungewohnt neue Ausblicke entstanden. Eine Besteigung ist aktuell sehr lohnend, da sich ein schöner Blick auf Bad Gottleuba bietet. Es wurden entlang des Weges auch neue Lehrtafeln angebracht. Aufwertung würde dieses Areal noch mit einem aussichtsreichen Rastplatz erfahren, damit künftig nicht nur Speis und Trank Platz nehmen dürfen, sondern auch die Wandersleut 😉
Nach ergiebiger Stärkung und einer Tasse Glühwein geht es über den Gratweg. Ein großes Holzkreuz mit der Aufschrift „Gott, schütze unser schönes Dorf, und uns…“ schmückt seit kurzem den Gipfelpunkt. Über die Treppe geht es gleich wieder hinunter, um auf der gegenüberliegenden Seite den Augustusberg über die Rodelbahn wieder hoch zu wandern. Rechter Hand ist noch der Hennig-Brunnen erwähnenswert, welcher 1908 zu Ehren des Försters Hennig errichtet wurde. Leider ist die Wasserleitung abgerissen, sodass am Brunnen kein Tropfen mehr ankommt. Die Aussicht auf dem Augustusberg wächst immer mehr zu und ist kaum noch der Rede wert. Einen besseren Blick hat man von der Hotelterrasse. Dank Winterzeit und einsetzenden Nieselregen war keine Zeit mehr für einen Kaffee mit Aussicht.
Eichhörnchen-Denkmal und Märchengrotte
Abwärts ging es über den Laubbuschweg, wo rechts dann die alte „König-August-Promenade“ abzweigt. Hier gelangen wir zum sehenswerten Hiltebrandt-Brunnen, welcher zwar kein Wasser mehr spendet, aber dafür von einem sehr detailgetreuen steinernen Eichhörnchen geziert wird. Er wurde zu Ehren des Pfarrers Eduard Hiltebrandt errichtet.
Anschließend begaben wir uns auf die Suche nach der „Zwergenhöhle“. Bei mapy.cz war sie eingezeichnet, und um ein paar Höhenmeter einzusparen, haben wir etwas durch den Wald abgekürzt. Das Areal entpuppt sich als alter, angelegter Park in Hanglage. Und die Höhle als künstliche Grotte. Sie erinnert an die Gersdorfer Ruine in Kleinformat und macht einen sehr verwunschenen Eindruck. Der korrekte Name lautet wohl Märchengrotte. An den Bäumen sind kleine Tafeln mit Gedichten angebracht. Die gesamte Anlage wurde in Verbindung mit dem sogenannten „Chemnitzer Heim“ um 1904 errichtet. Es wurde vom Dresdner Verleger Richard Hermann Dietrich an die Stadt Chemnitz gestiftet und sollte ursprünglich als Obdachlosenheim genutzt werden, später aber als Ferienheim für Chemnitzer Arbeitnehmer genutzt. Gegenwärtig befindet es sich in Privatbesitz eines Gottleubaer Ärztepaares, die sich glücklicherweise für den Erhalt und öffentliche Zugänglichkeit einsetzen*.
Nun ging es weiter hinab zum Goethepark, vorbei an den heiß diskutierten Sandsteinfiguren „die vier Jahreszeiten“. Jahrelang lagen sie in verstaubten Kisten und sollten 2018 sang- und klanglos verschachert werden. Nach einer breiten öffentlichen Diskussion und Kritik an den damaligen Bürgermeister Mutze wurden die Figuren restauriert und kamen in den Goethepark zurück.
Unsere Wanderung führt nun über Giesenstein, vorbei am Rittergut, wieder hinauf zur Hochfläche des Brands. Die „Rockenstubenfelsen“ – wie die Brandfelsen früher genannt wurden, haben wir uns aufgrund der Witterung gespart.
Die gesamte Tour besteht aus einem stetigen Auf- und Ab, was meine Mitwanderer fast schon verwunderlich ganz ohne Murren ertragen. Am Ende stehen 600 Höhenmeter auf ca. 16 Kilometer Wegstrecke zu buche. Weite Teile der Wegstrecke sind neuerdings auch als „Gottleubataler Panoramaweg“ mit einen grünen Pfeil ausmarkiert.
Zum Nachwandern: Der anfängliche Abstieg nach Gersdorf und über den Herbstberg ist nicht sonderlich lohnend und könnte mit Jagdstein und einen der vielen alten Wege über den Brand ersetzt werden, um dann über die Rennpläne zu den Raabsteinen zu gelangen. Allerdings ist im gesamten Waldgebiet des Brands aktuell mit Einschränkungen durch Holzeinschlag zu rechnen bzw. der Wald ist teilweise nicht mehr vorhanden.
https://de.mapy.cz/s/nubopevezu
*Informationen nachträglich recherchiert [leider haben wir uns vor Ort nicht die Zeit genommen um den ganzen Park mit seinen Elementen zu erkunden – wird nachgeholt]
Quellen:
https://denkmalliste.denkmalpflege.sachsen.de/CardoMap/Denkmalliste_Report.aspx?HIDA_Nr=09304493
https://ol.wittich.de/titel/2543/ausgabe/12/2021/artikel/00000000000028557649-OL-2543-2021-47-12-0
https://www.stadt-bgb.de/seite/266829/geschichte.html
Galerie – Rund um Gottleuba zum Buß- und Bettag