Totholz brennt nicht – oder nur ein bisschen?

Wesenitz brennt nicht an

Vergangenen Montag wurde mit Pauken und Trompeten das vom Umweltministerium in Auftrag gegebene Gutachten eines renommierten Professors „gefeiert“. Die damit verbundene mediale Kernbotschaft lautet: „Totholz wirkte bei Waldbrand nicht als Beschleuniger.“ Als dpa-Meldung machte es die große Runde.

„Hier war Versachlichung dringend nötig. Deshalb haben wir im Kabinett beschlossen, insbesondere den Brandverlauf und den Einfluss von Totholz wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen“, sagte Minister Günther.

Interessant ist der Zeitpunkt der Veröffentlichung. Kurz nach dem Waldbrand wurde eben für diese sachliche Aufarbeitung eine Expertenkommission eingesetzt, welche sich ausführlich diesen ganzen Fragen widmet. Die Ergebnisse wurden für Ende Dezember erwartet. Nun wurde die Veröffentlichung auf Ende März verschoben. Es soll kein Schnellschuss sein und daher ist es auch nachvollziehbar, wenn die Ergebnisse ein wenig länger dauern. Das Ministerium greift dieser Aufarbeitung nun mit dem Einzelgutachten von Prof. Müller vor.[1] Entsprechend medial inszeniert. Seine Erkenntnisse lassen sich natürlich nicht ignorieren, und deshalb möchte ich auf ein paar Punkte eingehen.

1. Waldbrände sind stets unnatürlich

„Waldbrände haben in Wäldern Deutschlands keine Bedeutung in der natürlichen Waldökosystementwicklung. Das lässt sich u. a. mit den Waldbrandursachen, der Anpassung von Organismen an Waldbrände, der Humusakkumulation und den natürlichen Waldgesellschaften sehr einfach beweisen. Waldbrände und Feuermanagement sind deshalb weder Ereignisse noch geeignete Instrumente naturnaher Wälder oder naturnaher Waldbewirtschaftung und auch kein Element von Prozessschutz oder Wildnis, sondern sind stets extreme menschliche Einflüsse oder Eingriffe.“

Für Gesamtdeutschland gesehen ist seine Aussage zweifellos korrekt. Nur unterscheidet sich doch das Untersuchungsgebiet gerade mit den felsigen Kiefernwäldern und Extremstandorten deutlich vom durchschnittlichen Urtyp des Laubmischwaldes. Erst kürzlich haben tschechische Wissenschaftler für das Gebiet der Böhmischen Schweiz Feuer als wiederkehrenden ökologischen Bestandteil in Bodenproben nachgewiesen, wenngleich Brände dieser Dimension wie 2022 in natürlichen Waldbeständen kaum möglich gewesen sein dürften. Auch Forscher der TU Dresden sind der Ansicht, das Waldbrände – ausgelöst durch Blitzschlag – bereits vor menschlicher Besiedlung in geringeren Ausmaß ein wiederkehrender Teil ökologischer Störungen im Elbsandsteingebirge sind.[2]

2. Waldbrände in Nationalparks müssen schnellstmöglich gelöscht werden

„Da Waldbrände in Mitteleuropa fast immer extreme menschliche und damit unnatürliche Einflüsse sind, gilt es, diese insbesondere in Nationalparken zu vermeiden bzw. schnellstmöglich zu löschen.“

Es existieren verschiedene wissenschaftliche Publikationen, welche sich mit der Waldentwicklung in der Sächsischen Schweiz beschäftigen, wonach Feuer in Naturschutzgebieten unabhängig vom Auslöser dem Prozessschutz unterliegen sollte.[3][4] Da gibt es keine klaren Handlungsempfehlungen. Ist dem Autor überhaupt klar, warum gelöscht wurde? Es ging in erster Linie um den Schutz der Siedlungen und Menschen und nicht um den Schutz der Natur. Denn die kommt durchaus mit Feuer klar. Wenn 36 Stunden nach Ausbruch des Feuers auf böhmischer Seite bereits 4 Kilometer entfernte Wälder am Frienstein in Brand stehen, dann sind es in Windrichtung nur noch 2 Kilometer zu den Mühlen im Kirnitzschtal! In erster Linie hat Winddrehung und Abnahme der Windböen schlimmeres verhindert. Ein durch Menschen verursachter Waldbrand ist genauso unnatürlich, wie eine durch Menschen verursachte zerfallende Waldmonokultur. Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass diese schieren Mengen an Totholz, wie man sie derzeit im NP vorfindet, unnatürlicher sind, als Feuer.

3. Einstufung NLP Sächsische Schweiz als „nicht als besonders waldbrandgefährdetes Gebiet“

„In den rechtlichen Vorschriften zur Errichtung des NLP gibt es keine Ausführungen, die sich spezifisch auf Waldbrände beziehen. Das ist auch sachlich so zu erwarten, da der NLP nicht als besonders waldbrandgefährdetes Gebiet einzustufen ist.“

Ergänzend zu dieser Feststellung des Autors möchte ich auf die Quelle der Waldbrandgefahrenklassen hinweisen [LINK].

Fuel Mode SB 3 (203)

Diese Einteilung in 3 Kategorien waren für mich bis dato neu, da in meinen Augen die Waldbrandgefahr etwas Dynamisches ist, welches mit täglich aktuellen Indices von DWD & Co. bewertet wird.

Ergänzend dazu die aktuelle Karte [LINK] gültig für 2023:

Zitat von der Website: „Die Abgrenzung und Darstellung der einzelnen Waldbrandgefahrenklassen erfolgt administrativ auf Basis der Gemeinden. Die Ausweisung der Waldbrandgefahrenklassen beruht auf den langjährig statistisch erfassten Waldbränden, deren Brandfläche und Häufigkeit unter Berücksichtigung der Zünd- und Brennbereitschaft vorhandener Waldstrukturen (Baumartenzusammensetzung und Alter) sowie regionaler Standort- und Klimaverhältnisse.“

Falls jemanden eine Begründung einfällt, wieso das Gebiet der Sächsischen Schweiz mit der niedrigsten Waldbrandgefahrenklasse versehen ist, möge er es mir bitte kundtun. In meinen Augen ist es eine fahrlässige Fehleinschätzung von amtlicher Seite.

4. Totholzsituation war mit Gründung des Nationalparks vorhersehbar

„Totholz und das auch in großen Mengen und konzentriert in bestimmten Entwicklungsphasen gehört in Waldnationalparken zu den normalen und erwarteten Zuständen. Die heutige und noch kommende Totholzsituation war bereits bei Errichtung des NLP bekannt, erwartet und akzeptiert. Unbekannt war lediglich wann und in welcher Intensität sowie an welchen konkreten Orten die Totholzsituationen eintreten werden. Dass das jedoch so geschehen wird, war jedem:r Beteiligten mit waldwissenschaftlicher Qualifikation klar.“

Nein, nein, nein und nochmals Nein. Eine krass formulierte Aussage des Professors ohne jeden Beleg. Der NLP wurde 1990 gegründet. Damals waren weder globale Temperaturveränderungen so deutlich absehbar, noch Käferkalamitäten dieses Ausmaßes. Im Gegenteil: Es wurde bis vor einigen Jahren sogar noch ein zu niedriger Totholzanteil im Nationalpark „bemängelt“.  Es gab durchaus von Beginn an Kritiker, welche auf die Risiken des Nationalparkgedankens inmitten einer touristischen Destination hingewiesen haben. Die wurden aber in aller Regel mit denselben Argumenten „totgeschlagen“ wie aktuelle kritische Stimmen. Aber gut zu wissen, dass Prof. Müller einer Vielzahl an Leuten die waldwissenschaftliche Qualifikation abspricht. Nicht zuletzt Dr. Butter in persona des NLP-Chefs hat 2015 noch argumentiert, „dass ein solch großflächiges Zusammenbrechen von Wald in einem touristisch dicht erschlossenen Gebiet nicht akzeptabel wäre.“[7]

Zur Brandentwicklung schreibt er:

„Das Feuer an Hölzern mit größeren Dimensionen (über 7 cm Durchmesser) erlischt zumeist von selbst, wenn das Bodenfeuer keine hinreichende Energie mehr liefert. Das ist im Brandgebiet des NLP gut zu sehen (Abb. 1).“

Erlischt meist von selbst… das mag für stehendes Totholz gelten, nicht aber für liegendes oder hängendes. Die Intensitäten an den Brennpunkten waren unterschiedlich. Ich habe auch für dickere Baumstämme im August 2022 einen Holzfeuchtegehalt von unter 10% gemessen. Gerade diese Baumstämme und Wurzeln gehen nicht so schnell aus, weil sie eben langsamer verbrennen. Wenn die Feuerwehr nichts macht, und der Wind auffrischt….

Er bemüht im Interview mit dem MDR selbst das Bild vom Lagerfeuer, wo erstmal kleine Äste draufgepackt werden. Blanker Populismus. Er will die Allgemeinheit für dumm verkaufen. So eine „Argumentation“ gefällt mir einfach nicht. Zumal beim Thema Holz feuern durchaus viele mitreden können. Selbstverständlich werden auch mal größere Stämmchen draufgelegt, wenn das Feuer möglichst lang brennen soll. Die Grundhitze muss erstmal da sein. Und die Bedingungen sind logischerweise auch nicht im ganzen Nationalpark gleich. In der Natur ist jede Größe vorhanden. Zwischen 7 cm und 50 cm liegt noch sehr viel. Diese gewaltige Decke aus Nadelstreu ist auch Teil der Biomasse absterbender Wälder und damit übrigens gleichermaßen Gegenstand der Kritik, wenn von Totholz und Brandgefahr die Rede ist. Totholz ist Oberbegriff für vieles. Wo ist da eigentlich die Versachlichung?

Auf den Seiten 12 bis 19 spielt der Autor die Brandintensität weiter herunter, ohne in Betracht zu ziehen, dass sein Bild vor Ort auch von den Löscharbeiten beeinflusst war. Sein Einwurf, das Weißfäule an einzelnen Bäumen brandbeschleunigend wirkte, macht Totholz jetzt auch nicht unbedingt sympathischer.

5. Zugänglichkeit von Wegen bei der Brandbekämpfung

Abzweig obere Meilerschlüchte-Roßsteig 2021

„Die befragten Feuerwehren haben übereinstimmend bestätigt, dass mit einer Ausnahme sämtliche für die Rettung bzw. Brandbekämpfung ausgewiesene Wege ohne Hindernisse und in einem hinreichenden Zustand vorhanden und benutzbar waren.“

Ja, das Rettungswegenetz war intakt. Die paar wenigen Bäume auf der gesperrten Zeughausstraße hatte man sicher schnell beseitigt. Die Rettungswege hatten bei der Freihaltung der Wege höchste Priorität und wurden 2021 freigestellt inkl. Sicherheitsabstand links und rechts. Das war die gesetzliche Pflicht.

„Totholz wurde von den Feuerwehrleuten vor allem als Hindernis empfunden, da von den Bekämpfungslinien aus der Feuerfront nicht frei entgegengegangen werden kann. Im Falle des Feuers an der Hohwiese in der Abteilung 145 wurde das Feuer im Löscheinsatz durch die Löschkräfte von den Kirnitzschwiesen aus seitlich bergauf durch die Totholzbereiche hindurch umgangen. Das war möglich, weil sich das Feuer nur langsam bergauf ausbreitete. In zukünftigen Konzeptionen könnte dennoch beschrieben werden, welche prinzipiellen Zuwegungen zu derartigen Plateaulagen im Zuge der Brandbekämpfung am besten geeignet wären, um diese dann operativ herzustellen. Mit dem Konzept der vorhandenen oder zukünftigen, ständig zu unterhaltenden Rettungs- bzw. Brandschutzwege hat das aber nicht direkt zu tun.“

Gehackter Weg/ Zugang Bärenfangwände, Königsweg, Obere Affensteinpromenade, Hinterer Großer Zschand, Grenzweg. Es gab eine Reihe Wege, welche der Feuerwehr situativ als Löschzugang dienten, die aber aufgrund der bestehenden Totholzproblematik zugefallen waren. Das wird hier verschwiegen, passt aber leider ins Bild dieses „Gutachtens“. Was nun genau in Hinterhermsdorf an der Hohwiese los war, entzieht sich wiederum meiner Kenntnis.

Interessant sind seine Ausführungen zu vorbeugenden Maßnahmen wie Waldbrandriegeln, wessen er kritisch gegenübersteht. Die Argumentation ist soweit auch schlüssig, da die verschiedenen Brände auf deutschen Gebiet vor allem über Funkenflug entwickelt haben. Wodurch wurde der Funkenflug begünstigt? Dazu gibt er keine Antworten.

6. Keine Unterschiede im Brandverhalten zwischen Nationalpark und Wirtschaftswald

 „Insgesamt dürfte es für die Situationen in Totalreservaten und bewirtschaften Wäldern hinsichtlich der für die Brandlasten bedeutsamen Materialien aus Tothölzern (Nadeln, Blätter, Zweige, Äste, Nichtderbholz) aber stets unter gleichen Bedingungen nur geringe Unterschiede geben, die das Brandverhalten und die Bekämpfungsmöglichkeiten allein aus diesen Parametern heraus beeinflussen.“

Das Gegenteil wurde kürzlich von der tschechischen Expertenkommission bewiesen. Mittels Modellsimulationen haben sich deutliche Unterschiede in der Brandintensität und Brandausbreitung ergeben. Prof. Müller führt für seinen Ausführungen leider keine Beweise an. Insgesamt eine sehr löchrige Argumentation.

Fehlerhafte Schlussfolgerungen

1. Das Totholz hatte im Brandgeschehen verstärkenden Einfluss auf die Intensität am jeweiligen Brandort aber nicht auf eine beschleunigte oder verzögerte Brandausbreitung.

2. Die Zugänglichkeit zum Einsatzgebiet war für die Brandbekämpfung mit einer Ausnahme auf allen dafür vorgesehenen und ausgewiesenen Wegen ohne Einschränkungen gegeben.

4. Das Vorhandensein von „Waldbrandschneisen“, unabhängig von deren potenziellen Ausprägungen, hätten die Brandverläufe wahrscheinlich nicht beeinflusst, weil die Hauptausbreitung der Brände über die Waldbrandbekämpfungsfronten hinweg durch Flugfeuer erfolgte.

Er schreibt immer von Flugfeuer, ohne näher darauf einzugehen, woher diese Funken kamen. Ich konnte es am 25.07.2022 vom Zirkelstein aus selbst dokumentieren, wie in Windrichtung ein neues Waldstück von bestehenden Bränden 100m – 200m entfernt entfacht wurde.

Unter gleichen Bedingungen würden sich Brandverläufe im Brandgebiet des Nationalparks Sächsische Schweiz und in bewirtschafteten Wäldern nur wenig unterscheiden. Diese Aussage stützt sich allerdings auf die Betrachtungen des einen aktuellen Brandereignisses, auf die Ansprache potenzieller Brandlasten und auf Analogieschlüsse, weil es schon absolut extrem wenig Waldbrände in Gebirgen Deutschlands gibt, die zudem bisher nicht oder nicht in ausreichender Anzahl unter wirklich vergleichbaren Bedingungen in Totalreservaten und bewirtschafteten Wäldern vorkamen.

Danke für diese Einschränkung im letzten Satz, welche den Medien und Herrn StM Günther selbstverständlich egal sind.

Abschließend noch eine Aussage des Professors während der Pressekonferenz (Ausschnitt MDR):

„Um das vergleichbar zu haben, hat es einfach bisher noch nicht genug gebrannt“.

Bundeswehr NH90

Kurze Rechnung: Der Landkreis rechnet mit 11 Millionen Einsatzkosten, hinzu kommt die Bundeswehr mit Schätzungsweise 12,5 Millionen Euro aus 500 Flugstunden der Hubschrauber des Typs NH-90 und CH-53. Die Bundespolizei half mit Super Pumas und Wasserwerfern, womit sicher auch nochmal 2 Millionen hinzukommen. THW und Ausfallzeiten der Einsatzkräfte, die im öffentlichen Dienst tätig sind, stecken wahrscheinlich auch noch nirgendwo in der Rechnung. Das reden wir schon einmal über 25 Millionen, die letztlich beim Steuerzahler hängenbleiben. Soll heißen: Es wurden weder Kosten noch Mühen gescheut, den Schaden dieses großen Waldbrandes so gering wie möglich zu halten. Von dem vielen ehrenamtlichen Engagement ganz zu schweigen. Dass im Nachgang ein derart respektloser, verächtlicher Umgang von Seiten des Umweltministers folgt, hätten wohl nicht mal kritischste Beobachter angenommen.

Ganz nebenbei: Zum Thema Waldbrände hat sich Prof. Müller als Einzelsachverständiger im Jahr 2019 im Bundestag noch eine Ansicht geäußert, die so heute fast niemand mehr teilt:[6]

„Bilder und Berichte suggerierten und suggerieren eine anwachsende Waldbrandproblematik. Tatsache ist das genaue Gegenteil. Waldbrände nehmen in zumindest normal bewirtschaften Wäldern seit Jahrzehnten in Anzahl und Fläche ab. Obwohl die Zündfähigkeit der Substrate durchaus heute höher sein kann, führen Waldstrukturveränderungen, die hervorragende Waldbrandüberwachung sowie die schnelle und wirksame Brandbekämpfung zu diesem Ergebnis und das wird auch unter Beibehaltung und Qualifizierung der Waldbrandvorbeugungs- und Bekämpfungssysteme in den nächsten Jahrzehnten trotz Klimawandel so bleiben.“

Dem entgegen möchte ich einfach diese Behauptung aufstellen, ob es ihm gefällt oder nicht, in Anlehnung an seine eigene kühne Aussage:

Dass das jedoch so geschehen wird, war jedem:r Beteiligten – auch ohne waldwissenschaftliche Qualifikation klar. Und es wird nicht der letzte Großbrand gewesen sein – der nächste Dürresommer kommt bestimmt.

 Gedankenschnipsel zum Gutachten des Prof. Müller:

  • Keinerlei Datenauswertung zu Totholzmengen, Brennstofffeuchte oder meteorolog. Komponenten obwohl der NP theoretisch zu den am besten überwachten Gebieten zählt
  • Der gigantische Aufwand zur Waldbrandbekämpfung (teuerste Löscheinsatz in der Geschichte des Freistaates Sachsens) kommt im Gutachten nicht zur Geltung
  • Das offizielle Rettungswegenetz ist nur ein Teil der Brandgeschichte und die Freihaltung selbiger zwingend notwendig. Viele Kilometer Schlauchleitung wurden auf „unpassierbaren“ Wanderwegen verlegt, die von Feuerwehr und Forstarbeitern während unter Einsatz ihres Lebens mühsam freigesägt wurden.
  • Er schreibt von Totalreservat, obwohl die Hintere Sächsische Schweiz noch keines ist.
  • Totholz per se ist kein Brandbeschleuniger, denn es existieren riesige qualitative Unterschiede. Ich habe in meinem „Totholzbeitrag“ am 25.08.2022 ausführlich darauf hingewiesen, dass z.B. dicke Laubholzstämme einen höheren Feuchtegehalt aufweisen. Der Experte geht überhaupt nicht auf diese Unterschiede ein und das ist wirklich sehr verwunderlich und wirkt damit oberflächlich. Er suggeriert sogar, dass abgestorbene Laubbäume aufgrund Pilzbefall gleichermaßen gebrannt hätten, während die Brennstofffeuchte nicht ein einziges in dem Gutachten erwähnt wird.
  • Er betont mehrfach, dass vorrangig Holz unter der Derbholzgrenze (< 7 cm) Nahrung für die Brände lieferte. Wer aufmerksam im Nationalpark unterwegs ist, trifft unweigerlich gerade entlang der Wege auf „Scheiterhaufen“ mit Hölzer verschiedener Größen. Kleinkram (ver)brennt schneller und kürzer, keine Frage. Bei Verhältnissen, wie sie im Juli vorherrschten, brennen problemlos Stämme bis 30 cm – Nachweise zu finden bei youtube, der CZ-FW-cloud oder hier im Blog.

 

Quellen:

[1] Gutachten von Prof. Dr. Michael Müller

https://www.wald.sachsen.de/Gutachten-Waldbrandgefahr.pdf

[2] Indikatoren zur Bewertung der Naturnähe

https://tu-dresden.de/bu/umwelt/geo/ipf/fern/ressourcen/dateien/ibn/dateien/Inwert_web_dt_reduz.pdf?lang=de

„Nach den neuesten Forschungen (ADÁMEK et al. 2014) kam es auf dem Gebiet der Böhmisch-Sächsischen Schweiz bereits in der Zeit vor der dauerhaften menschlichen Besiedlung zu Bränden (ab dem zeitigen Holozän), wenngleich es offensichtlich ist, dass die Anwesenheit des Menschen immer die Häufigkeit von Bränden in der Landschaft erhöht hat. […] Die Vegetation der felsigen, erhöhten und südlich orientierten Lagen der Böhmisch-Sächsischen Schweiz wurde wahrscheinlich über Jahrtausende hinweg von Bränden beeinflusst. Das Ergebnis sind Wälder mit Dominanz der Kiefer – und das an Stellen, wo im Hinblick auf die Bodenbedingungen konkurrenzmäßig die Rot-Buche (Fagus sylvatica) vorherrschen würde. Diese ist jedoch gegenüber Bränden weitaus empfindlicher und auch ihre Verjüngung wird im Gegensatz zur Kiefer durch einen Brand nicht begünstigt.“

[3] Auswirkungen von Waldbränden auf die Langzeitdynamik naturnaher Kiefernwälder (Leucobryo-Pinetum) im Nationalpark Sächsische Schweiz (Sachsen, Deutschland)

https://www.tuexenia.de/publications/tuexenia/Tuexenia_2016_NS_036_0023-0036.pdf

Aus Sicht des botanischen Artenschutzes können Waldbrände geringer bis mittlerer Intensität in den Kiefernwäldern, zumal in der Kernzone von Nationalparken, toleriert werden. Es sind keine langfristigen Auswirkungen auf die Vegetation zu erwarten.“

[4] Auswertung historischer Forstbestandskarten zu den Auswirkungen des Großen Waldbrandes von 1842 und der Nonnenkalamität um das Jahr 1920 auf die Waldentwicklung in der Kernzone des Nationalparkteils Hintere Sächsische Schweiz

https://tu-dresden.de/bu/umwelt/geo/ipf/fern/ressourcen/dateien/Beleg_Seiler_Forstkarten.pdf?lang=de

„Die Kernzonen werden der natürlichen Entwicklung ohne nutzende und lenkende Eingriffe überlassen (LAF, 1998). Langfristig soll in diesen Bereichen ein möglichst ungestörter Ablauf der natürlichen Prozesse gesichert werden. Zu diesen Prozessen gehören ebenfalls Ereignisse, die sich kurzfristig störend auf die Waldentwicklung auswirken können, beispielsweise Waldbrände oder Insektenkalamitäten. Entsprechend der Nationalparkdefinition wird in bestimmten Bereichen bewusst auf Eingriffe zur Vermeidung bzw. zur Eindämmung solcher Störereignisse verzichtet, um den natürlichen, sich selbst regulierenden Kräften Vorrang zu geben. Die erwähnten Ereignisse werden, im Gegensatz zu früheren Ansichten, heute als Bestandteil der natürlichen Dynamik gesehen und als solche akzeptiert und nicht unterbunden.“

[5] Stellungnahme von Prof. Dr. Müller als Einzelsachverständiger im Bundestag 2019

https://www.bundestag.de/resource/blob/667004/8f82ecd166bc942bdf2b36cd5fc6ed7f/stellungnahme_c_mueller-data.pdf

„Bisher, trotz Warnungen seit mehr als 15 Jahren, nicht beachtete Probleme gibt es auf Flächen, die schwer oder nicht ohne Gefahr für die Bekämpfungskräfte zugänglich sind. Das sind Berglagen und Flächen mit Munitionsbelastung. Letztere sind heute oft so genannte „Wildnisgebiete“ auf früher militärisch genutzten Flächen. Auf diesen Flächen wurden einerseits die Waldbrandvorbeugungsmaßnahmen sträflich vernachlässigt, ist die direkte Brandbekämpfung an der Feuerfront durch Menschen nicht erlaubt, mitunter auch nicht gewünscht und die Wälder sind nunmehr ca. 30 Jahre alt und damit oft Vollfeuerbestände. Das sind alles Bedingungen, die es in normal bewirtschafteten Wäldern nicht mehr oder nicht mehr in diesen Ausmaßen gibt. Paradoxerweise widerspricht das Herangehen einem echten Wildniskonzept.

[6] Nationalparke in Deutschland – Wissen & Informieren

https://nationale-naturlandschaften.de/wissensbeitraege/borkenkaefer-und-andere-katastrophen

„Stürme, Schnee- und Eisbruch, Lawinenstriche, Dürre, Überflutungen in Auwäldern und Feuer zählen zu den wesentlichen äußeren und abiotischen Störungen, die das Leben der Wälder beeinflussen und verändern.“

[7] „Konfrontationen bringen Nichts“ – Dr. Butter im Interview mit Sandsteinblogger Hartmut Landgraf 2015, als dieser derzeitige Zustand noch nicht absehbar war

https://www.sandsteinblogger.de/2015/09/konfrontationen-bringen-nichts/https://nationale-naturlandschaften.de/wissensbeitraege/borkenkaefer-und-andere-katastrophen

„Als die Regularien für den Nationalpark erarbeitet wurden, war man der Überzeugung, dass ein solch großflächiges Zusammenbrechen von Wald in einem touristisch dicht erschlossenen Gebiet nicht akzeptabel wäre. Im Gegenteil, man beschloss, sich für den Übergang sogar zehn Jahre länger Zeit zu nehmen als in anderen Nationalparken üblich und den Wald teilweise umzubauen, um Impulse für die natürliche Vegetationsentwicklung zu setzen. Es ist schon mal ein Unterschied, ob ich einen Fichtenbestand so auflichte, dass sich darunter eine neue Waldgeneration bildet, oder ob alles total dicht bleibt und dann irgendwann mit einem Mal abstirbt.“

Retter der Wildnis

3 Kommentare

  1. Vielleicht hat Prof. Müller vorher eine entsprechende „Vergütung“ vom Minister erhalten, damit er das „richtige“ Gutachten erstellt. Fehler sind einige im Gutachten enthalten, es gibt im Netz Fotos und Videos von verbrannten Bäumen, die das Gegenteil von dem zeigen, was im Gutachten steht. Auf Seite 11 schreibt er z.B. „Das Holz lebender Bäume brennt nicht, weil es zuviel Wasser enthält“. Es gab aber lebende Bäume (Kiefern), die sind in ihrer ganzen Länge innen total ausgebrannt. „Das Holz toter Bäume brennt zumeist nur bei Durchmessern unterhalb von 7 Zentimetern“. Da war er noch nicht am Gabrielensteig gewesen, dort gibs eine größere Fläche von (ehemals) toten Bäumen (im Satellitenfoto noch zu sehen), die standen alle noch, waren mindestens 20 Zentimeter dick und bestimmt 50 Jahre alt und sind alle komplett bis unten hin verbrannt, da gucken jetzt manchmal nur noch kleine spitze Stummel aus dem Boden. Solange kann der Bodenbrand dort gar nicht angedauert haben.

  2. Danke für Dein Durcharbeiten und Zusammenfassen des Gutachtens, hatte es aus Zeitgründen nur überflogen bzw. punktuell gelesen. Auch mir scheinen viele Aussagen und Zusammenhänge (nach)fragwürdig bzw. nicht nachvollziehbar.

  3. War an dem Tag auch auf dem Zirkelstein und habe die die Brennstäbe (DSC_9886_01_Brennstäbe) selber gesehen. Was auch immer da gebrannt war nach Gutachten kein Totholz, kein Brennholz und auch kein lebendes Holz, höchstens Reisig. Wir hatten also eine Massenhalluzination.

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