Im Trebnitzgrund

In letzter Zeit hörte ich kurioserweise von ganz unterschiedlichen Freunden und Bekannten, dass Sie erstmalig eine Wanderung in den schönen Trebnitzgrund unternommen und vom Reiz dieses Tals ganz angetan waren. Ich kann das nur bestätigen. Gerade im Frühjahr, wenn eine Vielzahl an Pflanzen blüht, ist dieses beachtliche seitliche Gebirgstal der Müglitz ein lohnenswertes Ziel. Das einzigartige ist aber nicht unbedingt die Flora – denn die anzutreffenden Pflanzen findet man überall im Osterzgebirge oder im Böhmischen Mittelgebirge in gar weit größerer Vielzahl. Der Trebnitzgrund ist still.

Im Trebnitzgrund

Kein befestigter Fahrweg führt hindurch. Angesichts der Talbreite und der dichten Besiedlung Sachsens ist das sehr ungewöhnlich. Als vor vielen Jahrhunderten die Hauptverkehrs- und Handelswege erschlossen wurden, waren durchgängige Taleinschnitte eigentlich erste Wahl. Gleiches gilt für Siedlungen, denn fließend Wasser in Form Flüsse und Quellen waren aus gutem Grund enorm wichtig. Im Osterzgebirge liegen die Siedlungen aber oft auf den Höhen in Form alter Waldhufendörfer. So auch die Ortschaften Neudörfel, Dittersdorf, Börnchen, Waltersdorf und Döbra ringsherum. Lediglich in den untersten 900 Metern führt die Straße nach Neudörfel durch das Tal. Danach völlige Stille. Kein Verkehrslärm. Nur das murmeln und gluckern des Trebnitzbachs begleitet vom zwitschern einiger Vögel. Ab dem Wanderparkplatz befinden wir uns im Naturschutzgebiet. Das Bächlein darf weitgehend unreguliert fließen. An einigen Stellen bricht es aus und unterspült Böschungen und Bäume. Totholz liegt über und im Gewässer. In anderen Bereichen bilden sich seitliche Wasserlachen und somit wertvollen Lebensraum für sumpfliebende Tiere und Pflanzen. Das ist alles nicht selbstverständlich. Im Laufe der menschlichen Besiedlung wurden in Sachsen nahezu alle nennenswerten Bäche und Flüsse in Mauern gezwängt. Viele Wehre verbaut, Wasser umgeleitet. Kurzum den menschlichen Bedürfnissen angepasst. Ohne Rücksicht auf Verluste. Nach dem verheerenden Hochwasser 2002 wurde ein Maßnahmeprogramm erstellt, dessen Bestandteil auch ein Rückhaltebecken im Trebnitzgrund zum Hochwasserschutzkonzept des Müglitztals war. Glücklicherweise kam es nicht zu einer ernsthaften Planung. So darf sich der Trebnitzgrund laut Naturführer Osterzgebirge mit 12 Kilometern Länge zu den längsten unverbauten Bachläufen Sachsens zählen…

Niedere Trebnitzmühle

Wanderungen lassen sich über die aussichtsreichen Höhenzüge von Dittersdorf und Döbra zu 10 bis 12 Kilometer-Touren verbinden. Kürzlich wurde sogar ein Hangweg Richtung Berthelsdorf neu ausmarkiert. Aufgrund der eher kühlen, nassen Witterung der letzten Monate bieten die grünen Hangwiesen einen kontrastreichen, fast schon almartigen Anblick. Hinzu kommen vereinzelnde Streuobstwiesen mit schneeweiß blühenden Kirschbäumen. Im Vergleich zum trockenen Vorjahr macht die Region einen deutlich lebhafteren Eindruck. Die Hänge bestehen zum überwiegenden Teil aus Mischwald. Lediglich an manchen Stellen wie im Bereich des kleinen Ferienhäuschens am „Blockhaus“ kommt man nicht um kleinere befallene Fichtenbestände herum und Teile wurden auch abgeholzt. Der Borkenkäfer ist auch im Osterzgebirge ein Dauerthema. Trübt das Bild hier aber nur minimal.

Gänzlich unbeeinflusst ist das Tal aber dann doch nicht. Im oberen Teil stoßen wir auf zwei ehemalige Mühlenstandorte. Und gerade in dem Bereich sind selbstverständlich auch Ufermauern verbaut. Die niedere Trebnitzmühle ist zum Lost Place verkommen. Bis in die 90er Jahre wurde das große Gebäude als Ferienheim der Caritas genutzt. Jetzt nutzen es Fledermäuse : -) Die Obere Trebnitzmühle wurde hingegen zum Ferienobjekt ausgebaut.

Frühlings-Platterbse

Am Wegesrand lassen sich viele Frühblüher entdecken: Allen voran das Silberblatt (Mondviole), Sumpfdotterblume, Milzkraut, Waldveilchen, Lungenkraut, Schuppenwurz, Frühlings-Platterbse, Sternmiere, gefleckte Taubnessel, Scharbockskraut und Butterblümchen. Lerchensporn und Buschwindröschen sind am verblühen. Die „beworbenen“ Leberblümchen konnte ich hingegen nicht entdecken. Oder ich habe die Einzelexemplare übersehen, da ich zuletzt häufig im Böhmischen Mittelgebirge unterwegs war, wo sie punktuell in rauen Massen auftreten. Im Bereich der Mühlen weitet sich das Tal. Auf den Wiesen blühen Himmelsschlüssel und Schaumkraut.
Auch Wasseramsel, Gebirsgsstelze und Eisvogel haben sich gestern offensichtlich vor mir versteckt. Es mag komisch klingen, aber ich habe deshäufigeren die Erfahrung gemacht, oftmals nicht die Tiere zu entdecken, welche an Lehrtafeln „beworben“ werden, sondern andere. Tut dem Erkundungsdrang keinen Abbruch. Vielleicht ein anderes Mal. Ich war schon oft hier und komme immer wieder gern her.

Allerdings muss ich zugeben, auch noch nicht den kompletten Wasserlauf bis Liebenau hinauf erkundet zu haben. Da besteht also Nachholbedarf. Die Tour lässt sich auch als Streckenwanderung mithilfe der Müglitztalbahn machen, von Haltepunkt Oberschlottwitz bis nach Bärenstein. Allerdings fährt die Bahn am Wochenende nur im 2-stündigen Takt.

Anbei ein paar Impressionen eines sonnigen Nachmittages Ende April im Trebnitzgrund.

Nachtrag vom 29.04.

Die obige Beschreibung stammt von einer Runde am 27.04. Zwei Tage später habe ich mir den oberen Trebnitzgrund mal angeschaut und musste dabei leider feststellen, dass gerade am Zusammenfluss von Liebenauer Bach und Trebnitz massiv Holz geschlagen wird. Die Polter stehen mehrere Meter hoch. Die Wege sind ab dort verschlammt und zerfahren. Daher ist es ratsamer, vor Erreichen der niederen Trebnitzmühle nach Dittersdorf abzuzweigen, um die Runde über die Höhe abzuschließen oder direkt von Dittersdorf nach Bärenstein wieder hinabzusteigen. Da bin ich wohl ein klein wenig zu optimistisch an die Routenbeschreibung gegangen. Immerhin habe ich am Samstag die versprochene Wasseramsel zu Gesicht bekommen. Interessant ist auch noch der Standort der „wüsten Mühle“, welcher sich direkt an der Straße von Börnchen nach Döbra im Grund befindet haben soll. Eine Lehrtafel erklärt uns die Sage darüber.

2 Kommentare

  1. Ganz klar, der Trebnitzgrund ist ein Schatz und Geheimtipp sondersgleichen. Unbedingt machen. Ich empfehle sogar mal so Hauptwander-Wochenenden wie Pfingsten, da gibt es nämlich manchmal im Tal sogar einen einsamen Grillstand. Und selbstverständlich ist der Parkplatz am Taleingang in Schlottwitz kostenlos.

  2. Achim Althausen

    Kann ich nur bestätigen. War dort vor zwei Jahren im Sommer unterwegs. Sehr schön dort. Hoffentlich bleibt es lange ein Geheimtipp.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.