„Offene Böhmische Schweiz!“ – Unter diesem Motto hat sich ganz unbemerkt von den deutschen Medien eine Initiative auf tschechischer Seite des Elbsandsteingebirges gegründet, die sich für eine klare Kursänderung in der festgefahrenen Nationalparkideologie einsetzt.
Die Region leidet einerseits seit dem massenhaften Borkenkäferbefall unter der Unpassierbarkeit von touristischen Routen. Und mit dem großen Waldbrand 2022 hat sich die Lage dramatisch verschlechtert. Die kleinen anliegenden Gemeinden leben hauptsächlich vom Tourismus. Zudem besteht die Sorge, dass erneut während einer trockenen Witterungsperiode ein Großbrand ausbrechen könnte, der die Orte in unmittelbarer Umgebung des Nationalparks gefährdet.
Der Konflikt zwischen Nationalpark und lokaler Bevölkerung hat sich dramatisch zugespitzt. Das Hinterland (Zadni Zeme) ist längst zum undurchdringlichen Dschungel geworden, eine riesige Fläche nicht – oder nur unter akuter Lebensgefahr begehbar. Der Gabrielensteig als Hauptwanderweg bleibt laut Auskunft der Nationalparkverwaltung bis 2027 gesperrt. Abwarten und beobachten lautet deren Motto. Die beiden berühmten Klammabschnitte sind nur eingeschränkt passierbar. Sinnvolle, durchgängige Wanderungen lassen sich in absehbarer Zeit nicht unternehmen.
Die Einschränkungen auf tschechischer Seite sind weitaus erheblicher als bei uns, weil das offiziell ausgewiesene Wegenetz grundsätzlich dünner war, Kletterzugänge weder gepflegt noch markiert werden, und saisonale Sperrungen weitaus strenger sind. Auch deshalb wurde von tschechischer Seite eine Initiative für die Öffnung neuer (eigentlich alter) grenzüberschreitender Wanderwege gefordert, welche bislang aus „Naturschutzgründen“ in den entscheidenden Gremien beiderseits der Grenze auf Ablehnung stößt.
Nicht nur ein loser Zusammenschluss besorgter Bürger
„Wir kämpfen für eine nachhaltige Entwicklung des schönsten Nationalparks der Tschechischen Republik“ lautet das Credo der Initiative „Offene Böhmische Schweiz“ – nachzulesen auf deren Internetseite https://otevreteceskesvycarsko.cz/
Auf den ersten Blick könnte man denken, hier hat sich mal wieder eine BI gegründet die schnell versandet und kaum etwas bewirken kann. Aber es fällt auf, dass es sich hier nicht nur um den Zusammenschluss einiger besorgter Anwohner handelt, sondern um nahezu die gesamte versammelte Lokalpolitik, allen voran der Senator von Decin Zbyněk Linhart, sowie sämtliche Bürgermeister der Region und Gewerbetreibende.
Ich hatte mir bis dato eingebildet, gut über die Zustände bei unseren Nachbarn informiert zu sein. Verfolge Medienberichte, bekomme Infos von Freunden und Bekannten. Umso verwunderter war ich, als ich diese Tage eher zufällig auf die Internetseite https://otevreteceskesvycarsko.cz/ stieß. Natürlich steht dort alles auf Tschechisch, aber heutzutage ist es mit den Übersetzungsprogrammen nicht mehr allzu schwierig, sich diese Inhalte recht schnell zu erschließen.
Und ich bin der Meinung, die offenen Briefe und Pressemitteilungen sollten auch in Deutsch zugänglich gemacht werden, weil es sehr viele Menschen diesseits der Grenze gibt, denen das Grenzgebiet und die Sächsisch-Böhmische Schweiz als zusammenhängender Naturraum am Herzen liegt. Und inhaltlich ist es starker Tobak. Es ist eine Genugtuung zu sehen, dass es doch auch Leute dort gibt, die keine Geduld mehr haben und wirklich etwas bewirken wollen!
1. Offener Brief der Initiative an den Premierminister Fiala vom Senator Zbynek Linhart und weiteren 56 Unterstützern am 04.01.2024
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Pressemitteilung der Initiative zum Inhalt des offenen Briefes (19.01.2024)
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Sehr geehrter Herr Premierminister,
[…]
Der Aufruf „Offene Böhmische Schweiz“ wird in der ganzen Region nicht nur von lokalen Unternehmern und Kommunalverwaltungen unterstützt, sondern auch von denen, die sich für die Entstehung und Einrichtung des Nationalparks eingesetzt haben. Dies zeigt sowohl die Tiefe des Problems als auch die seit langem bestehende Unfähigkeit oder den Unwillen der Vertreter des Umweltministeriums, den Nationalpark ordnungsgemäß zu verwalten, auf die lokalen Bedürfnisse zu hören und sie bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen.
Ich vertraue daher darauf, dass Sie den Appell nicht auf die leichte Schulter nehmen, sondern ihn vorrangig und angemessen bearbeiten. Dieser nördlichste Teil des Landes hat schon viel erlebt und verloren. Bitte nehmen Sie den Menschen vor Ort nicht den letzten Rest an Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
[…]
Sehr geehrter Herr Premierminister,
wir bitten Sie, die aktuelle Situation schnell zu klären. Wir akzeptieren nicht, daß nach dem Eisernen Vorhang zwischen der ČSSR und der DDR diesmal ein undurchdringlicher grüner Vorhang entsteht, welcher der nachhaltigen Entwicklung der strukturell betroffenen Grenzregion und der Lebensqualität ihrer Bewohner weitere Hindernisse in den Weg legt.
Wenn die staatlichen Naturschutzbehörden ihre Vorgehensweise nicht ändern und die Verwaltung des anvertrauten Territoriums nicht verbessern, nicht mit der Erhaltung und Verbesserung der Umwelt beginnen, das Naturerleben und die Nutzung des Territoriums durch Besucher nicht ausreichend ermöglichen, und weiterhin nicht bereit sind auf die lokalen Bedürfnisse der Menschen vor Ort einzugehen, dann wollen und brauchen wir keinen Park, der auf diese Weise verwaltet wird.
Und deshalb fordern wir „Offene Böhmische Schweiz!“
[…]
Antwort des Premierminister Petr Fiala am 13.02.2024
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[…]
Wir haben die Frage des Zustands des NPČS wiederholt mit anderen Regierungsmitgliedern auf Kabinettssitzungen erörtert, zuletzt am 31. Januar 2024, und werden dies auch weiterhin tun. Wir alle wollen, dass sich die Situation so schnell wie möglich verbessert, damit die Touristen wieder alle Bereiche des Parks besuchen können.
[…]
Kurzer Einwand meinerseits: In der Zwischenzeit veröffentlichte die Nationalparkverwaltung über ihre Website eifrig erstaunliche Meldungen, wie intensiv sie bemüht ist das (angeblich) 150 km lange Wegenetz im Nationalpark instand zu halten und das die Übernachtungszahlen absolut positiv zu bewerten sind…. Ansonsten hat sich nichts getan. Ich hatte im Januar 2024 übrigens mal mit mapy.cz nachgezählt und kam auf klägliche 52 Kilometer markierte Wanderwege innerhalb der Nationalparkgrenzen, wenn man das normale Straßennetz und die über 20 Kilometer gesperrten Wege ausklammert.
2. Brief der Initiative an den Premierminister im April 2024
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Pressemitteilung der Initiative zum Inhalt des zweiten Briefes (16.05.2024)
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[…]
Anstatt die Situation zu lösen, starteten das Umweltministerium und die Nationalparkverwaltung eine manipulative Kampagne mit dem Ziel, ihr Medienimage in den Augen der Öffentlichkeit zu verbessern. Sie begannen im Gegenteil die Probleme zu trivialisieren, welche mit dem Brand, der Borkenkäferkalamität und den gesperrten Wegen in Verbindung stehen. Bei dieser Kampagne handelt es sich im wesentlichen um Desinformation.
[…]
Die NPCS stellte der Öffentlichkeit vor, wie auf dem Gebiet des Nationalparks 150 km Wanderwege instandgehalten werden, und verschleiert die Tatsache dass nach dem Borkenkäferbefall viele Dutzend Kilometer Wanderwege gesperrt sind oder die Markierung entfernt wurde, während viele andere schon lange vor der Katastrophe unpassierbar gemacht wurden. Zudem ist ein relativ großer Teil der oben genannten 150 km Straßen nicht zum Wandern geeignet, etwa eine stark befahrene Regionalstraße.
[…]
Obwohl die Verwaltung des NP manchmal mit uns, mit Bürgermeistern, Unternehmen und anderen Persönlichkeiten verhandelt, sind die Ergebnisse dieser Verhandlungen gleich Null, manchmal sogar negativ. Jegliche Kommunikation ist einseitig und es besteht kein wirkliches Interesse an Rückmeldungen aus dem Gebiet.
[…]
In der Ruhezone des Nationalparks sind fast alle Wege gesperrt. Darüber hinaus endete die Debatte über die Wiederherstellung zumindest einiger grenzüberschreitender Wege, als das MZP (Ministerium) falsche Informationen an die Partner der sächsischen Seite übermittelte. Eine unpassierbare Grenze ist wie im Sozialismus!
[…]
Den Unterzeichnern dieses Dokumentes liegt auch der sinnvolle Schutz der Natur und Landschaft der Böhmischen Schweiz am Herzen, ein Wert, der diese Region bereits im 18. Jahrhundert ausmachte als Wiege des Tourismus in der Tschechischen Republik. In diesem Zusammenhang ist auch unzulässig, das gesamte historische Erbe (Jahrhunderte alte Straßen) durch die derzeitige (Nicht)-Funktionsweise der Nationalparkverwaltung liquidiert wird.
[…]
Sehr geehrter Herr Premierminister,
wir fordern Sie dringend auf, dafür zu sorgen, dass das Umweltministerium beginnt, die Rechtsstaatlichkeit zu respektieren und aufhört, Fakten zu manipulieren und die Realität in den Medien zu verzerren. Immerhin zeigt sich, dass es in der Verwaltung des Tschechischen Nationalparks mehr Medienmitarbeiter als Förster gibt, was als Grund für Einsparungen angesehen werden kann. […]
Man könnte denken, solche Zeilen vom wichtigsten politischen Vertreter dieser Region schlagen ein wie eine Bombe… Leider weit gefehlt. Die Nationalparkverwaltung bzw. das Umweltministerium gibt eine Umfrage in Auftrag, wo am Ende herauskommen soll, dass 80 % der lokalen Bevölkerung zufrieden ist mit der Arbeit der Nationalparkverwaltung.
Eine Umfrage, die hohe Wellen schlägt – oder: Traue keiner Statistik, die du…
Der Nationalpark ist ein guter Nachbar. Eine repräsentative Forschung erfasste die Meinungen der Bewohner der Böhmischen Schweiz (10.07.2024)
Gemeinsame Pressemitteilung des Umweltministeriums, der Verwaltung des Nationalparks Tschechische Schweiz und des Instituts 2050:
„Die Einheimischen schätzen nicht nur die Existenz des Nationalparks Böhmische Schweiz, sondern auch seine Arbeit im Naturschutz oder die freundliche Kommunikation der Parkverwaltung. Zwei Jahre nach dem verheerenden Brand im Nationalpark Böhmische Schweiz hat das Institut 2050 in einer repräsentativen Umfrage die Meinungen der Anwohner eingeholt.“
[LINK zur Quelle]
Nimmt man diese Umfrage und die daraus gezogenen Schlüsse einmal unter die Lupe, dann merkt man sehr schnell, dass diese Umfrage wenig Substanz hat und ganz offensichtlich im Sinne des Auftraggebers und gleichzeitig Begünstigten erstellt wurde. Ich würde in diesem Falle sogar ganz offen von Betrug sprechen. Es erinnert sehr stark an Zeiten vor 1990.
Die Initiative „Offene Böhmische Schweiz“ hat die Umfrage geprüft, Fakten recherchiert und auf der Internetseite kommentiert. Kurz gesagt: Das Umfrageinstitut hat nicht nur mit zahlreichen Suggestivfragen gegen jegliche Grundsätze der Markt- und Meinungsforschung verstoßen, sondern auch mit der Tatsache, dass das beauftragte Unternehmen alles andere als unabhängig ist und zum Zeitpunkt der Auftragserteilung bereits Verträge mit dem Umweltministerium der tschechischen Republik bestanden, dessen Ziel es ist, die Außendarstellung der Nationalparkverwaltung mithilfe dieser Agentur bzw. dessen Geschäftsführer (Medienpsychologe Jan Krajhanzl) zu verbessern.
Reaktion der „Offenen Böhmischen Schweiz“
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Stimmen aus Mezná und Hřensko
Mezna (Stimmersdorf) war vom großen Waldbrand im Jahr 2022 am stärksten betroffen, da sogar Häuser niedergebrannt sind. Auch dort hat sich eine Bürgervereinigung gegründet, welche die Umfrage wie folgt kommentiert:
Der Vorsitzende der Bürgervereinigung Bezmezná Mezná z.s. Pavel Hrdlička sagt: „Wir haben von der Umfrage nur aus den Medien erfahren, was uns sehr überrascht hat. Wir hatten keine Informationen über diese Aktivität. Nach den Informationen, die uns von unseren Mitbürgern vorliegen, wurde niemand aus Mezná für die Untersuchung befragt.[…]Wir waren der Meinung, dass es uns gelungen ist, eine effektive Kommunikation aufzubauen. Trotzdem oder gerade deswegen finden wir es gelinde gesagt rätselhaft, dass wir nichts über die laufende Erhebung erfahren haben. Wir hätten es begrüßt, wenn die Ergebnisse der Umfrage transparent gewesen wären, einschließlich der Anzahl der in den einzelnen Gemeinden befragten Personen.“
Die Bürgermeisterin von Hřensko, Kateřina Horáková, fügte hinzu: „Wir im Gemeinderat hatten keine Ahnung von der laufenden Meinungsumfrage unter den Bewohnern des Nationalparks.
Ich habe nun unsere Bürger in Hřensko persönlich kontaktiert, und es scheint, dass nur eine Person aus dem gesamten Dorf Hřensko kontaktiert wurde. Wir stehen in regelmäßigem Kontakt mit der NP-Leitung. Hřensko steht nach dem Brand noch immer vor vielen Problemen und wir versuchen, diese zu lösen. Unser Dorf wurde zum Epizentrum des Brandes von 2022, Mezná wäre nur knapp nicht abgebrannt. Wir waren sehr überrascht, dass wir erst aus den Medien von der Umfrage erfahren haben.“
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Jetřichovice kontert mit eigener Umfrage
Die Gemeinde Jetrichovice (Dittersbach) mit seinen Bürgermeister Marek Kny hat dieses Vorgehen dermaßen auf die Palme gebracht, dass man kurzerhand eine eigene Bürgerbefragung gestartet hat, an welcher sich die Hälfte der Einwohner der Gemeinde Jetrichovice (einschließlich der Orte Rennersdorf, Schemmel und Hohenleipa) beteiligt haben – mit gänzlich anderen Ergebnissen.
Zusammengefasst ein paar Punkte:
- Auf die Frage: „Wie beurteilen Sie den Zustand der Natur des Nationalparks Böhmische Schweiz seit dessen Gründung im Jahr 2000“ geben 61,8 % an, dass sie der Meinung sind, der Zustand habe sich erheblich verschlechtert.
- 62,9 % bewerten den Brandschutz im Nationalpark als unzureichend – 22 % wollten keine Einschätzung abgeben und gerade einmal 15 % der Befragten schätzen Brandschutzmaßnahmen als ausreichend bzw. gut ein
- 94 % stimmen der Aussage zu, dass die lokalen Verwaltungen/ Gemeinden ein größeres Mitspracherecht bei der Verwaltung des Nationalparkgebietes haben sollten!
- 77 % stimmen folgender Aussage – dem Credo des Nationalparks – nicht zu: „Glauben Sie, dass man sich nicht um die Natur kümmern muss, sondern die Natur immer am besten für sich selbst sorgen kann?“
- „Sind Sie derzeit mit der Anzahl der geöffneten touristischen und historischen Wege im Nationalpark CS zufrieden?“
62 % der Befragten sind damit nicht zufrieden. - 83 % hält die Informationen der Nationalparkverwaltung nach dem großen Waldbrand 2022 für unzureichend
- 84 % der Befragten sind unzufrieden mit der Art und Weise, wie die Nationalparkverwaltung mit der Natur umgeht
- 66 % würden einer Gründung des Nationalparks zum jetzigen Zeitpunkt nicht zustimmen (17 % keine Angabe, 17 % Zustimmung)
- 87 % sind der Meinung, dass Maßnahmen zur Borkenkäferbekämpfung notwendig sind
- 99 % der Befragten sehen den Wald positiv für das Landschaftsbild und wünschen sich eine sensible Waldpflege, damit er für künftige Generationen erhalten bleibt
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September 2024 – Hochwasser droht
Im September 2024 hat die Natur einmal mehr aufgezeigt, dass es ja nicht nur das Thema Trockenheit und Feuer gibt, was speziell in der Ecke um Hrensko potentiell für Verwüstung sorgen kann – sondern auch Wasser. Es drohte heftiger Dauerregen und die Schluchten der Kamenice waren voller toter Baumstämme und querliegender Bäume. Verklausung nennt man so etwas. Nicht gut. Zumindest nicht unmittelbar oberhalb einer Ortschaft. Das Hochwasser blieb zum Glück aus, es waren andere Gebiete im Riesen- und Adlergebirge von Rekordniederschlägen betroffen.
Die Kamnitz oberhalb Hrensko wurde im Oktober dann immerhin beräumt. Es wurden in Zusammenarbeit mit dem staatl. Wasserwirtschaftsbetrieb und der Gemeinde Hrensko 80 Bäume gefällt. Gewässerunterhaltung ist auch ein umstrittenes Thema. Einerseits wird punktuelles Totholz als ökologische Aufwertung von Gewässern gesehen. Andererseits sind diese engen Schluchten wie gemacht dafür, dass sich nach größeren Regen Wildholz verkeilt und aufstaut. Das kann zu mehreren Metern hohen Flutwellen führen… die Ferdinandsklamm oberhalb der Grundmühle liegt übrigens immer noch voller Bäume.
Sehr kleine Fortschritte
Die Gemeinde Hrensko hat nun abweichend von den Aussagen der Nationalparkverwaltung in Eigenregie vor, zumindest den Fußweg vom Ort bis zur Bootstation noch in 2025 für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Der Gabrielensteig ist laut Aussagen einiger Wanderfreunde eigentlich begehbar und die Hürden sind angeblich keinesfalls so groß, wie sie von der Nationalparkverwaltung dargestellt werden, noch dazu in einen eigentlich eher pragmatisch ausgerichteten Land wie Tschechien. Es fehlt derzeit scheinbar einfach der Wille.
Im Bereich Zeidlerburg, Wolfsbachtal und Khaatal wurden Bäume gefällt und Hauptwege gesichert, sowie wieder neu markiert. Die Aussichten am Prebischtor sollen frei zugänglich werden.
Es wurden nun die überfälligen neuen Pflegegrundsätze bis 2041 aufgestellt und formal im Nationalparkrat mit den Gemeinden beschlossen, was der Nationalparkverwaltung zumindest im beräumen der markierten Wege mehr Handlungsfähigkeit geben sollte. Forstliche Eingriffe entlang touristischer Routen und im Bereich der Rettungswege bzw. Rangerstraßen sollen weiterhin möglich sein.
Was bringt das Jahr 2025 in der Böhmischen Schweiz?
Mit der gesperrten Elbbrücke in Bad Schandau könnten nun noch weniger deutsche Tagestouristen kommen. Prognosen sind schwierig. Es gibt momentan leider sehr viele Gründe, die gegen einen Besuch der Böhmischen Schweiz sprechen. Wenn es eine Aufbruchstimmung gäbe, wo alle an einen Strang ziehen. Dann wäre die Sache eine andere. Man stelle sich mal vor: Mehr Grenzüberschreitende Wanderwege, Zugängigmachung von Kleindenkmälern wie z.B. die alten Tafeln im Treppengrund. Lehrpfade. Vielleicht etwas über die Geschichte. Die ein oder andere Schutzhütte bauen. Viele Gebiete in Tschechien machen es vor! Und da steht keine große staatliche Verwaltung dahinter, sondern Privatpersonen, Vereine oder die Gemeinden. Der Anblick weitgehend abgestorbener Wälder trübt den Blick auf die Schönheit der Böhmischen Schweiz – das lässt sich weder zurückdrehen noch über Nacht ändern. Aber mit überschaubaren Aufwand ließen bisherige touristische Nebenpunkte deutlich aufwerten. Die Gemeinde Jetrichovice hat es in den letzten Jahren vorgemacht!
Immerhin schafft es die Nationalparkverwaltung derzeit unabsichtlich, die Menschen in der Region Böhmische Schweiz zusammenzubringen und diese notgedrungen aufgrund der weitgehenden Untätigkeit der Verwaltung selbstständig Ideen für die Zukunft zu entwickeln, damit diese Kulturlandschaft in naher Zukunft nicht in völligem Borkenkäfermikado und Asche verschwindet.
Abschließend ein Zitat aus der Festschrift „15 Jahre Nationalpark Böhmische Schweiz“, verfasst von drei hochrangigen Mitarbeitern der Nationalparkverwaltung Böhmische Schweiz:
Die Böhmisch-Sächsische Schweiz kann mit Recht als eine der Wiegen des mitteleuropäischen Fremdenverkehrs und Bergsteigens angesehen werden und verfügt stellenweise über ein sehr dichtes Netz an touristischer Infrastruktur. Dieses Erbe ist auch für die heutigen Nationalparks von wesentlicher Bedeutung. Man muss zugeben, dass der Tourismus in unserem Gebiet schon vor dem Naturschutz existierte und für die Existenzgrundlage der hiesigen Bevölkerung eine Schlüsselrolle spielt. Das bedeutet, dass der Naturschutz in Bezug auf den Tourismus ständig nach Konsens und in manchen Fällen sogar nach Kompromissen suchen muss.
Härtel H., Benda P., Nagel R.: Patnáct let národního parku České Švýcarsko, Časopis ochrana přírody 1/2015
[https://www.casopis.ochranaprirody.cz/z-nasi-prirody/patnact-let-narodniho-parku-ceske-svycarsko/]
Markus, Danke für diesen informativen und aufwändigen Beitrag. Hoffen wir mal, damit wird ein Zeichen gegen diese vorangegangene unehrliche Umfrage und den bewussten, gezielten Verfall der Wege und Stiegen, letztendlich dem Verfall touristischer Struktur zum Nachteil der Bewohner, Gemeinden und Wanderfreunden, gesetzt. Vielleicht schwappt dieses deutliche Aufbegehren unserer Nachbarn eher zu uns, als diese vorhandene unbeherrschbare Brandlast befürchten lässt. Leider sind viele Pfade jetzt schon unwiederbringlich verloren, wie auch hierzulande. Und möglicherweise setzt sich mit solchen Aktionen auch die Einsicht durch, eine stabile biologische Vielfalt werden wir mit so einem, „Prozessschutz“ genannten Umgang mit der Natur nicht erreichen, schon gar nicht bei dauerhaft steigenden Temperaturen.
Ich wünsche diesem Beitrag die gebührende Aufmerksamkeit mindestens bis zur Landesdirektion in Dresden.
Vielen Dank für den Bericht, die Links und die Übersetzungen. Es gibt Widerstand gegen den Nationalpark, zu Recht. Die Gesetze des Nationalparkes und deren Umsetzung stehen im eklatanten Widerspruch zu den international geltenden IUCN-Regeln für Nationalparke. Dort steht, daß Naturschutz und Wandern gleichberechtigt sein sollen, und daß für die Besucher extra Wege durch die Wildnis führen sollen. Die tschechische Nationalparkverwaltung dagegen verbietet viele Wege, sperrt grundlos, vernichtet sogar Wege mit jahrhundertealter Geschichte, fast alle Klettergipfel sind nicht mehr zugänglich, sie bemüht sich nicht um Freischneiden von bestimmten Wegen, obwohl es möglich wäre, Grenzübertritte sind trotz Schengen verboten, und sie trägt die Verantwortung, daß viele Touristen und Urlauber wegbleiben. Es ist jetzt viel schlimmer als vor 1990 zu CSSR-Zeiten. Damals konnte man noch alle Wege gehen, Pilze sammeln, man konnte bis zur Grenze rangehen, überall boofen, und trotzdem hatte sich der seltene Schwarzstorch im Gebiet neu angesiedelt. Naturschutz und wandern im Gebiet zusammen ist möglich, man muß nur wollen. Die Nationalparkverwaltung ähnelt in ihrer Vorgehensweise einer kommunistischen Diktatur. Und eine Diktatur geht erfahrungsgemäß nicht freiwillig, nur mit Gewalt. Wollen wir trotzdem hoffen, daß die „Offene Böhmische Schweiz“ Erfolg hat.