Duell der Wettermodelle

„Wintereinbruch steht bevor“ „Historische Wetterlage“ „Schneewalze“ „Schnee-Peitsche“.

Schlagzeilen 17.10.2023

Solche oder ähnliche Schlagzeilen ploppten heute früh auf. Da wird der Hobbymeteorologe hellhörig. Vor allem, nachdem der angehende Herbst bisher recht mild verlief. Das verleitet mich mal zu einen Beitrag mit Meteorologie-Bezug und ohne Wandern. Wobei es natürlich auch um das Wanderwetter am Wochenende geht und Wetter sowieso alltäglich mindestens eine smalltalkliche Rolle spielt 😉

Wir befinden uns gerade mitten in der Umstellung auf Herbst/Winter. In Südeuropa tummeln sich noch sehr warme Luftmassen, während über Skandinavien bereits polare Luftmassen bereitstehen. Und im Ergebnis geraten wir hier in Deutschland wieder einmal in diese Luftmassengrenze hinein. Details in der Zugbahn einzelner Tiefdruckgebiete sind am Ende entscheidend.

„Aber meine Wetter-App sagt Schnee voraus!“

Schneehöhe 21.10.2023 Wettermodelle GFS
(Quelle kachelmannwetter.de)

Heutzutage besteht die Wettervorhersage bei den meisten Leuten nur aus dem Blick auf die Wetter-App. Da stehen irgendwelche Zahlen, die eine Stunde später schon wieder ganz anders aussehen können… Nun haben diese Apps auch noch völlig unterschiedliche Datenquellen und Aktualisierungsintervalle. Und was wir am Ende vom Smartphone ablesen sind gemittelte Modelloutputs. 50 % Regenwahrscheinlichkeit sagt ja schon alles – oder nichts? Nein, ich will das nicht schlecht reden. Für die nächsten 2-3 Tage fährt man damit normalerweise schon ganz gut.

Dahinter stehen aber sehr komplizierte Berechnungen und Simulationen. Viele denken, Wettervorhersagen gibt’s nun schon sooo lange, da sollte doch recht sicher sein, was in 4,5 oder gar 10 Tagen für Wetter ist. Oder mindestens mal die Großwetterlage geklärt sein. Keine Frage: Numerische Rechenleistungen werden immer besser, die zu verarbeitenden Datenmengen riesiger und künstliche Intelligenz von Jahr zu Jahr ausgereifter. Man sieht die Entwicklung ja am eigenen PC.

Ich gebe mich selten mit dem einfachen Blick auf die Wetter-App zufrieden, sondern sehe mir meist genauer die Wetterkarten der führenden Modelle an. Die Unsicherheiten nehmen bekanntermaßen mit der Vorhersagedauer zu. Man weiß das alles einzuordnen. Ich will auch gar nicht auf dieses kleinklein eingehen, dass im Herbst Nebel, Föhn, Böhmischer Wind usw. eine große Auswirkung auf das lokale Klima haben können, was von großskaligen Wettermodellen schwer erfasst wird. Mir geht es am aktuellen Beispiel um den Blick auf die grobe Wetterlage. Und da tut sich diese Tage gerade ein Paradebeispiel auf.

ECMWF vs GFS – Duell der Wettermodelle

Es gibt zwei große Player bei den Vorhersagemodellen, das Europäische Wettermodell ECMWF und das Amerikanische GFS. Wenn wir noch das britische UKMO und das deutsche ICON hinzunehmen, haben wir eine gute Grundlage für eine vernünftige Lageeinschätzung.

Nun klatsch ich einfach mal ein paar Wetterkarten hier rein für Samstag, den 21.10.2023 – Vorhersagezeitraum +108 Stunden (also 4 ½ Tage) Datengrundlage heute früh (00z)
(Quelle: https://www.wetterzentrale.de/)

Wettermodelle Vergleich für 21.10.2023 2m Temperatur (www.wetterzentrale.de)

 

ECMWF: Warmluftpumpe mit 16°C (föhnige 20°C im Erzgebirgsvorland nicht ausgeschlossen)
GFS: Wintereinbruch mit Schnee bis in tiefe Lagen, tagsüber kaum mehr als 0°C

20 K Unterschied zwischen für ein großes Vorhersagegebiet in der kürzeren Mittelfrist sind schon mal eine Hausnummer. Die anderen beiden Modelle UKMO und ICON stützen zu dem Zeitpunkt eher das europäische Wettermodell.

Es gibt in den nächsten 4 Tagen also gleich mehrere Unsicherheiten: Wie weit kann die Kaltluft über Skandinavien überhaupt zur Ostsee vordringen, und wo genau wird sich am Freitag/Samstag das Tiefdruckgebiet am Langwellentrog über Mitteleuropa entwickeln. Unserem modernen Zeitalter zum Trotz: Eine Punktvorhersage für 3, 4, 5 Tage im Voraus ist zeitweise mit großen Unsicherheiten behaftet. Ich behaupte, ihr werdet keinen seriösen Meteorologen finden, der heute mit Sicherheit behaupten könnte, wie das Wetter am kommenden Samstag in Dresden oder Berlin wird. Und genau diese Unberechenbarkeit lieben wir Hobbymeteorologen.

Momentan befinden wir uns eher auf der kühleren Seite. Ruhiger Zwischenhocheinfluss sorgt am Mittwoch für schönes Wetter mit Temperaturen um 10°C bis 12°C. Danach kommt Schwung in die Wetterküche und die Tendenz geht für Sachsen aktuell leicht in die Richtung: Wechselhaftes Wetter auf der warmen Vorderseite eines Tiefs. Den von GFS berechneten Wintereinbruch würde ich aktuell noch mit vielen Fragezeichen versehen. Fakt ist: Eines von den beiden großen Wettermodellen liegt ziemlich daneben. Ich bin gespannt… Wie auch immer. Egal ob -1°C oder 18°C. Es ist Herbst, die bunteste Zeit des Jahres.

Pfaffenstein 15.10.2023

Ein Kommentar

  1. Das Foto vom Pfaffenstein ist einmalig schön, da hast du einen echten Glücksmoment erwischt. Gestern, Samstag 21.10., gabs übrigens keinen Wintereinbruch, sondern im südlichen Sachsen teils bis zu 19°C. Das Wetter unterliegt dem Chaos-Prinzip, winzigste Änderungen in der Atmosphäre können unvorhersehbare Auswirkungen haben. Eine genaue Wettervorhersage ist wohl nur für 2 bis 3 Tage möglich. Für Wanderungen im Zittauer Gebirge und der Sächsischen Schweiz gucke ich immer am Tag vorher den Wetterbericht vom MDR, der stimmt dann einigermaßen, jeden Tag vergleiche ich außerdem noch mit dem WetterRadar bzw. RegenRadar von Wetteronline.de., wobei im Grenzgebiet zu Tschechien der manchmal von dort kommende Einfluß zu berücksichtigen ist, z.B. der sogenannte Böhmische Wind, der manchmal äußerst eklig sein kann. Hab es schon mal im November erlebt, daß für ganz Sachsen Sonne angesagt war, was auch stimmte, auch in Zittau schien die Sonne, aber 7 Km südlich das Zittauer Gebirge steckte in einer dunklen Wolkenwalze, die aus Böhmen rüberkam, es war dort finster wie im Sack und dazu Windstärke 8, daß man fast nicht aus dem Auto steigen konnte, weil der Wind die Autotür von außen zudrückte. Bei den höchsten Windgeschwindigkeiten ist manchmal außer dem Brocken auch der Hochwald im Zittauer Gebirge mit erwähnt.

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